Plan zur Begleichung der Forderungen


Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-582/23 | [Wiszkier] (1)
Verbraucherinsolvenz: Das Insolvenzgericht muss die potenzielle Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln von Amts wegen prüfen können



Diese Prüfung kann unabhängig davon erfolgen, ob die Forderungstabelle genehmigt wurde und verbindlich ist. In Polen wurde über das Vermögen einer natürlichen Person das Insolvenzverfahren eröffnet. Die meisten der gegen sie bestehenden und in einer von einem Insolvenzverwalter erstellten Forderungstabelle aufgeführten Forderungen ergeben sich aus einem an den Schweizer Franken gekoppelten Hypothekendarlehensvertrag, den der Insolvenzschuldner zwölf Jahre zuvor als Verbraucher geschlossen hatte. Er erkannte alle diese Forderungen an, und die Forderungstabelle wurde auch vom Insolvenzrichter genehmigt.

Auf der Grundlage dieser Tabelle muss das Insolvenzgericht nunmehr entweder einen Plan zur Begleichung der Forderungen erstellen oder feststellen, dass die Vermögenswerte ausreichen, um sämtliche Schulden zu erfüllen, was den Plan überflüssig macht. In diesem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens ist dieses Gericht der Ansicht, dass der Darlehensvertrag missbräuchliche Klauseln enthalte, die zu seiner Nichtigkeit führen könnten. Sollte dies der Fall sein, wären die Forderungen der Bank niedriger als die in der Tabelle aufgeführten oder bestünden gar nicht. Die potenzielle Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags wurde jedoch bisher nicht geprüft.

Nach polnischem Recht ist die Forderungstabelle für das Insolvenzgericht bindend, das nicht befugt ist, Vertragsklauseln zu prüfen. Es kann lediglich den Insolvenzrichter befassen, damit er diese Prüfung vornimmt und gegebenenfalls die Forderungstabelle ändert. Außerdem erlauben es die Verfahrensvorschriften nicht, vorläufige Maßnahmen zur Regelung der Situation des Schuldners zu treffen, bis diese Prüfung abgeschlossen ist.

Das Insolvenzgericht hat sich an den Gerichtshof gewandt, um festzustellen, ob die nationale Regelung über das Insolvenzverfahren natürlicher Personen die Rechte, die das Unionsrecht (2) Verbrauchern verleiht, wirksam schützt.

Der Gerichtshof verneint dies.

In Ermangelung einer zuvor vorgenommenen Prüfung der Missbräuchlichkeit der fraglichen Klauseln verpflichtet das Unionsrecht das Insolvenzgericht, die entsprechende Beurteilung von Amts wegen vorzunehmen und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Mit der Notwendigkeit, den Insolvenzrichter zu befassen, wäre die Gefahr verbunden, dass der Abschluss des Insolvenzverfahrens verzögert und die Dauer der prekären finanziellen Lage des insolventen Verbrauchers verlängert wird. Dadurch könnte er davon abgehalten werden, seine sich aus dem Unionsrecht ergebenden Rechte auszuüben, was die Anwendung des Unionsrechts übermäßig erschweren würde.

Die Tatsache, dass die Forderungstabelle rechtskräftig geworden ist, steht einer solchen Prüfung nicht zwangsläufig entgegen. Dies ist durch das öffentliche Interesse am Verbraucherschutz, wie er durch das Unionsrecht gewährleistet wird, gerechtfertigt.

Das Insolvenzgericht muss auch vorläufige Maßnahmen treffen können, die die volle Wirksamkeit dieses Schutzes gewährleisten. In Anbetracht der Umstände der in Rede stehenden Rechtssache wird es zu beurteilen haben, ob hierfür eine Maßnahme erforderlich ist, mit der die vom Lohn des insolventen Verbrauchers einbehaltenen Beträge bis zur Entscheidung über die Missbräuchlichkeit der Klauseln des fraglichen Vertrags herabgesetzt werden.

HINWEIS: Mit einem Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Union vorzulegen. Der Gerichtshof entscheidet dabei nicht den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist unter Zugrundelegung der Entscheidung des Gerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden. Die Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, wenn diese über vergleichbare Fragen zu befinden haben.

(1) Die vorliegende Rechtssache ist mit einem fiktiven Namen bezeichnet, der nicht dem echten Namen eines Verfahrensbeteiligten entspricht.
(2) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.
(Pressemitteilung des EuGH vom 3. Juli 2025: ra)

eingetragen: 02.08.25


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