Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Mehrere Kartelle in der Vergangenheit


Bundeskartellamt veröffentlicht Sektoruntersuchung Zement und Transportbeton
Die Sektoruntersuchung zeigt, dass die strukturellen Bedingungen in der Zement- und Transportbetonindustrie wettbewerbsdämpfend wirken und ein wettbewerbsarmes Parallelverhalten der Anbieter begünstigen



Das Bundeskartellamt hat den Abschlussbericht seiner Sektoruntersuchung der Zement- und Transportbetonindustrie veröffentlicht. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die Zement- und Transportbetonindustrie hat eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. Sie erzielt in Deutschland jährlich Umsätze von mehr als fünf Milliarden Euro. In der Vergangenheit haben wir mehrere Kartelle aufgedeckt und mit Bußgeldern sanktioniert. Unsere Sektoruntersuchung zeigt, dass wir aber auch aktiv die strukturellen Bedingungen in diesem Markt verbessern müssen, um den Wettbewerb zu beleben. Wir werden uns mit dieser Branche daher weiterhin intensiv beschäftigen und beispielsweise kartellrechtlich bedenkliche Unternehmensverflechtungen prüfen und gegebenenfalls auflösen."

Die Sektoruntersuchung zeigt, dass die strukturellen Bedingungen in der Zement- und Transportbetonindustrie wettbewerbsdämpfend wirken und ein wettbewerbsarmes Parallelverhalten der Anbieter begünstigen. Hierzu zählen insbesondere die hohe Konzentration vieler Märkte auf wenige Anbieter, vielfältige Verflechtungen der Anbieter untereinander sowie die hohe Markttransparenz. Zudem handelt es sich um stabile Märkte mit homogenen Massengütern, in denen wettbewerbliche Vorstöße mittels innovativer Produkte kaum möglich sind.
Die im Rahmen der Untersuchung vorgenommene detaillierte Analyse lässt zudem erhebliche Preisdifferenzen von Regionalmarkt zu Regionalmarkt erkennen. Diese lassen sich nur zum Teil mit unterschiedlichen Produktionskosten erklären. Für einige der besonders hochpreisigen Regionen gilt, dass hier entweder nur wenige Unternehmen aktiv sind oder – insbesondere im Bereich Transportbeton – zahlreiche gesellschaftsrechtliche Verflechtungen zwischen den Anbietern existieren.

Derartige Verflechtungen können – auch wenn sie nicht der Fusionskontrolle unterlagen – dennoch kartellrechtswidrig sein. Seit Einleitung der Sektoruntersuchung Ende 2013 wurden bereits 24 kritisch zu bewertende Unternehmensverflechtungen durch die Industrie freiwillig aufgelöst. Es bestehen aber nach wie vor ca. 60 problematische Verflechtungen in Form von Gemeinschaftsunternehmen. Wie bereits zuvor in der Walzasphaltindustrie, beabsichtigt das Bundeskartellamt, diese zeitnah im Rahmen von Entflechtungsverfahren zu prüfen und gegebenenfalls aufzulösen.

Um den Unternehmen die Selbsteinschätzung über die Zulässigkeit anderer Kooperationsformen, wie insbesondere Liefergemeinschaften, zu erleichtern, erläutert der Abschlussbericht die maßgeblichen kartellrechtlichen Grundsätze und Maßstäbe. Diese wurden im Vorfeld auch mit dem Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie ausführlich erörtert.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte: "Es ist wichtig, dass nun an die Stelle der kritischen Gemeinschaftsunternehmen nicht Liefergemeinschaften treten, die den Wettbewerb auf ähnliche Weise eindämmen. Der Zweck von Liefergemeinschaften ist es, dass es auch kleinen Unternehmen, die alleine nicht in der Lage sind einen Auftrag zu übernehmen, möglich ist, sich an größeren Projekten zu beteiligen. Liefergemeinschaften dürfen hingegen nicht dazu genutzt werden, den Wettbewerb zwischen für sich leistungsfähigen Wettbewerbern auszuschalten."

Schließlich stehen Verhaltensweisen der Unternehmen im Fokus der Sektoruntersuchung, die die ohnehin ausgeprägte Transparenz auf dem Markt weiter intensivieren. Das Bundeskartellamt hat hier bereits in der Vergangenheit mehrere Initiativen zum Aufbau umfassender Marktinformationssysteme unterbunden. Nach den Ergebnissen der Sektoruntersuchung sind zumindest im der Zementindustrie sogenannte Preiserhöhungsrundschreiben verbreitet. Hierbei kündigen die Unternehmen pauschal gegenüber allen Kunden Preiserhöhungen an, eine Information, die im Regelfall auch bei den Wettbewerbern ankommt. Das Bundeskartellamt hat wettbewerbliche Bedenken bezüglich dieser Praxis und wird daher die betroffenen Unternehmen zeitnah über seine rechtliche Einschätzung informieren.

Zement – als Vorprodukt von Beton – und Transportbeton finden in den verschiedensten Bereichen der Bauwirtschaft Verwendung. Der Transport von Zement über weitere Strecken verursacht erhebliche Kosten und im Hinblick auf Transportbeton ist eine Lagerhaltung nicht möglich, weil der Beton innerhalb weniger Stunden erhärtet. Daher bestehen für beide Märkte bundesweit eine Vielzahl von regionalen Märkten, insbesondere für Transportbeton jeweils rund um die Standorte der einzelnen Produktionsanlagen.

Zu Sektoruntersuchungen im Allgemeinen:
Das Bundeskartellamt kann die Untersuchung eines bestimmten Wirtschaftszweiges durchführen, wenn besondere Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb im Inland möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist (sog. Sektoruntersuchung, § 32e GWB). Es handelt sich um eine Branchenuntersuchung, ausdrücklich aber nicht um ein Verfahren gegen bestimmte Unternehmen. Verfahren im Nachgang zu einer Sektoruntersuchung sind möglich, wenn sich ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen Wettbewerbsvorschriften ergeben sollte.
(Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 20.09.17
Home & Newsletterlauf: 11.09.17


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Keine freie Preisbildung beim Vertrieb

    Das Bundeskartellamt hat gegen die AVM Computersysteme Vertriebs GmbH mit Sitz in Berlin sowie einen ihrer verantwortlich handelnden Mitarbeitenden Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp 16 Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung mit sechs Elektronikfachhändlern verhängt.

  • Beschränkungen des Wettbewerbs

    Auch im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gibt es keine grundlegenden Bedenken des Bundeskartellamtes gegen die 50+1-Grundregel. Das Bundeskartellamt wird aber die Lizenzierungspraxis der Deutschen Fußball Liga (DFL) genauer untersuchen.

  • Geplantes gemeinsames Mehrwegsystem

    Das Bundeskartellamt hat keine durchgreifenden Bedenken gegen die Einführung eines Mehrwegsystems im Pflanzenhandel. Vertreterinnen der Euro Plant Tray eG - ein genossenschaftlicher Verbund von verschiedenen Unternehmen des europäischen Pflanzenhandels, der Pflanzenproduktion und Branchenvereinigungen - hatten das Bundeskartellamt um eine kartellrechtliche Einschätzung zu einem geplanten gemeinsamen Mehrwegsystem gebeten.

  • Konsum Leipzig darf dem Edeka-Verbund beitreten

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Beitritt der Konsumgenossenschaft Leipzig eG, Leipzig, zur Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen eG, Rottendorf, und damit zum Edeka-Verbund nach intensiven Ermittlungen freigegeben.

  • Erwerb eines Biotech-Unternehmens

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme sämtlicher Anteile der Cardior Pharmaceuticals GmbH mit Sitz in Hannover durch die dänische Novo Nordisk A/S freigegeben. Cardior ist ein Biotech-Unternehmen mit Geschäftsschwerpunkt Herzerkrankungen, hier Herzinsuffizienz, also Herzschwäche.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen