Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Preisabsprachen über viele Jahre praktiziert


Bundeskartellamt verhängte Bußgelder gegen Wursthersteller
Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 338 Mio. Euro gegen 21 Wursthersteller sowie gegen 33 verantwortlich handelnde Personen

(29.07.14) - Wegen illegaler Preisabsprachen hat das Bundeskartellamt Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 338 Mio. Euro gegen 21 Wursthersteller sowie gegen 33 verantwortlich handelnde Personen verhängt. An den Absprachen sollen die folgenden Unternehmen beteiligt gewesen sein (in Klammer sind gegebenenfalls die hinter den Unternehmen stehenden Konzerne benannt):

>> Bell Deutschland Holding GmbH, Seevetal (vormals Abraham/Zimbo, Coop-Gruppe);
>> Böklunder Plumrose GmbH & Co. KG, Böklund/Könecke Fleischwarenfabrik GmbH & Co. KG, Bremen (Zur Mühlen-Gruppe, ClemensTönnies-Gruppe);
>> Döllinghareico GmbH & Co. KG, Elmshorn;
>> Herta GmbH, Herten (Nestlé);
>> Franz Wiltmann GmbH & Co. KG, Versmold;
>> H. Kemper GmbH & Co. KG, Notrup;
>> H. & E. Reinert Holding GmbH & Co. KG, Versmold/ Sickendiek Fleischwarenfabrik GmbH & Co. KG, Neuenkirchen-Vörden;
>> Hans Kupfer & Sohn GmbH & Co. KG, Heilsbronn;
>> Heidemark Mästerkreis GmbH & Co. KG, Emstek-Höltinghausen;
>> Heinrich Nölke GmbH & Co. KG, Versmold;
>> Höhenrainer Delikatessen GmbH, Feldkirchen-Westerham;
>> Lutz Fleischwaren GmbH, Landsberg am Lech (Vion);
>> Marten Vertriebs GmbH & Co. KG, Gütersloh;
>> Meica Ammerländische Fleischwarenfabrik Fritz Meinen GmbH & Co. KG, Edewecht;
>> Metten Fleischwaren GmbH & Co. KG, Finnentrop;
>> Ponnath Die Meistermetzger GmbH, Kemnath;
>> Rudolf und Robert Houdek GmbH, Starnberg;
>> Rügenwalder Mühle Carl Müller GmbH & Co. KG; Bad Zwischenahn;
>> Westfälische Fleischwarenfabrik Stockmeyer GmbH, Sassenberg (heristo AG);
>> Wiesenhof Geflügelwurst GmbH & Co. KG, Rietberg (PHW-Gruppe) und
>> Willms Fleisch GmbH, Ruppichteroth.

Zahlreiche Aussagen und Unterlagen belegen laut Aussage des Bundeskartellamtes, dass ein tradiertes "Grundverständnis" existierte, sich regelmäßig über Forderungen von Preiserhöhungen zu verständigen. So trafen sich namhafte Wursthersteller schon seit Jahrzehnten regelmäßig im so genannten "Atlantic-Kreis", benannt nach seinem ersten Treffpunkt, dem Hamburger Hotel Atlantic, um über Marktentwicklungen und Preise zu diskutieren. Neben diesem "Atlantic-Kreis" kam es zwischen verschiedenen Wurstherstellern, insbesondere seit dem Jahre 2003, zu konkreten Absprachen, gemeinsam Preiserhöhungen gegenüber dem Einzelhandel durchzusetzen.

Die Absprachen erfolgten größtenteils telefonisch, sei es durch wechselseitige Anrufe oder organisierte Rundrufe. Aufgrund der Heterogenität der Produkte (verschiedene Wurstsorten, unterschiedliche Packungsgrößen, etc.) war es nicht möglich konkrete Einzelpreise festzulegen, so dass man sich über Preisspannen für Produktgruppen (Roh-, Brüh-, Kochwurst und Schinken) abstimmte. Im Ergebnis konnten höhere Preisforderungen gegenüber dem Einzelhandel auf der Basis der Kartellvereinbarung durchgesetzt werden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Die Preisabsprachen wurden über viele Jahre praktiziert. Das Gesamtbußgeld erscheint auf den ersten Blick hoch, relativiert sich aber vor dem Hintergrund der großen Zahl der beteiligten Unternehmen, der Kartelldauer und den Milliardenumsätzen die in dem Markt erzielt werden. Gerade bei der Bußgeldbemessung sind wir in der teilweise mittelständisch geprägten Branche mit Augenmaß vorgegangen. Zu Gunsten der Unternehmen haben wir das besondere Umfeld – zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel auf der einen Seite und einer ebenso stark konzentrierten Fleischbranche auf der anderen Seite – berücksichtigt. Außerdem haben wir, soweit es durch einschlägige Unterlagen belegt wurde, der wirtschaftlichen Situation und Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Unternehmens Rechnung getragen."

Das Bundeskartellamt gibt keine Auskunft über die Einzelbußgelder. Die Bandbreite reicht in diesem Fall von wenigen Hunderttausend Euro bis hin zu hohen Millionenbeträgen. Bei der Bußgeldberechnung, die sich nach der Dauer und der Schwere der Tat richtet, sind sowohl der so genannte tatbezogene Umsatz (also der konkret kartellbefangene Umsatz des jeweiligen Unternehmens), als auch der Gesamtumsatz der Unternehmen wichtige Bezugsgrößen. Der gesetzlich vorgegebene Bußgeldrahmen beträgt 10 Prozent des Gesamtumsatzes.

Für die Berechnung des Gesamtumsatzes ist auf die so genannte "wirtschaftliche Einheit", also den hinter einem Unternehmen stehenden Konzernverbund abzustellen. Der Großteil der Geldbußen (ca. 85 Prozent) entfällt demzufolge auch in diesem Fall auf die konzernzugehörigen Kartellanten. Für die 15 beteiligten kleinen und mittelständischen Unternehmen beläuft sich die Geldbuße im Durchschnitt auf einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag der im Durchschnitt rund 2 Prozent ihres Jahresumsatzes entspricht.

Erste Hinweise auf das Kartell erlangte das Bundeskartellamt durch einen anonymen Hinweis. Im Laufe des Verfahrens haben insgesamt elf Unternehmen mit der Behörde kooperiert und schließlich Geständnisse abgelegt. Die jeweiligen Kooperationsbeiträge wurden bußgeldmindernd berücksichtigt. Die Geldbußen sind noch nicht rechtskräftig.

Gegen die Bescheide konnte innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet. (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Wettbewerbsprozess auf dem Amazon-Marktplatz

    Das Bundeskartellamt hat seine vorläufige rechtliche Einschätzung zur Einflussnahme auf die Preise der Marktplatzhändler auf dem Amazon Marketplace sowie der Marketplace-Richtlinie zur angemessenen Preisgestaltung an die Amazon.com Inc., Seattle, USA, und die Amazon EU S.à r.l., Luxemburg (gemeinsam im Folgenden "Amazon"), übersandt. Händler, die ihre Angebote auf der Amazon-Handelsplattform anbieten, sollen bestimmte von Amazon vorgegebene Preisgrenzen nicht überschreiten. Darin könnte nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes ein Missbrauch nach den besonderen Vorschriften für große Digitalunternehmen (§ 19a Abs. 2 GWB) sowie ein Verstoß gegen die allgemeinen Missbrauchsvorschriften des § 19 GWB und Artikel 102 AEUV liegen. Amazon hat jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Zahlreiche Aufträge zugeschoben

    Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Straßenreparatur-Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 10,5 Mio. Euro wegen Kunden- und Submissionsabsprachen verhängt. Beteiligt waren die Unternehmen AS Asphaltstraßensanierung GmbH (AS), Langwedel, bausion Strassenbau-Produkte GmbH (bausion), Landsberg, BITUNOVA GmbH (BITUNOVA), Krefeld, Gerhard Herbers GmbH (Herbers), Spelle, Liesen … alles für den Bau GmbH (Liesen), Lingen, Mainka GmbH Straßenunterhaltung, Rüdersdorf bei Berlin (Mainka) und MOT Müritzer Oberflächentechnik GmbH (MOT), Röbel/Müritz.

  • Fitness- und Wellbeing-Angebote

    Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Urban Sports GmbH (USC) durch Wellhub, Inc. (Wellhub) freigegeben. Wellhub und USC sind als sog. Fitness- und Wellbeing-Aggregatoren tätig. Sie bieten Rahmenverträge für Firmenkunden an, auf deren Basis die Mitarbeitenden verschiedene Fitness- und Wellbeing-Angebote nutzen können. USC hat daneben auch ein Angebot für private Nutzende.

  • Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen