Infrastruktur ist angreifbar wie nie zuvor


IT-Sicherheitsgesetz hat Lücken, Formulierungen sind zu schwammig, Anforderungen unklar
Thema IT-Sicherheit noch längst nicht den Köpfen der Führungsebene verankert

Von Markus Härtner, Senior Director Sales DACH bei F5 Networks

(08.07.15) - "Das IT-Sicherheitsgesetz wurde vom Bundestag verabschiedet. Und das war höchste Zeit! Aber: Was für IT-Sicherheit gilt, gilt leider auch für das IT-Sicherheitsgesetz – es hat Lücken. Formulierungen sind zu schwammig, Anforderungen unklar, und dazu kommt das Gesetz mindestens fünf Jahre zu spät. Diverse Sicherheitsvorfälle – Stuxnet, deutsches Stahlwerk, Equation Group und nicht zuletzt der französische Fernsehsender TV5Monde – haben gezeigt, dass das Thema IT-Sicherheit noch längst nicht den Köpfen der Führungsebene verankert ist. Das muss sich ändern! Und das wird mit dem Gesetz erreicht: Jetzt müssen sich die Verantwortlichen mit der ungeliebten IT-Sicherheit auseinandersetzen! Und wenn für dieses hehre Ziel regulatorisch eingegriffen werden muss, dann sei es so. Es war dringend nötig, dass sich die Politik dieses Themas annimmt.

Unsere Infrastruktur ist angreifbar wie nie zuvor – immer mehr Geräte und Maschinen sind heute mit dem Internet verbunden, Stichwort "Internet der Dinge". Zwei Beispiele, die häufig im Zusammenhang mit IT-Sicherheit genannt werden, sind Online-Handel und Zahlungsverkehr. Allerdings spiegeln sie nicht annähernd die gesamte Tragweite wider. Zwar ist es alles andere als schön, wenn auf dem eigenen Konto auf einmal Hunderte Euros fehlen und Cyberkriminelle mit geklauten Kreditkarten Shops leerkaufen. Die großen Gefahren lauern aber ganz woanders. Beispiel Energieversorger: Legen Hacker die Stromversorgung in einer Stadt wie München, Berlin oder London lahm, dann ist der wirtschaftliche Schaden immens. Darüber hinaus ist ein solcher Vorfall eine massive psychische Belastung für die Menschen und kann die Wirtschaftswelt schnell aus den Angeln heben. Natürlich ist das ein Worst-Case-Szenario; aber wer will das riskieren?

Das Kreuzberger Projekt "netwars" und Felix Lindner sollten im Auftrag der Stadtwerke Ettlingen die Systeme testhacken. Innerhalb von nur drei Tagen haben sie die gesamte Infrastruktur komplett lahm gelegt – Licht, Wasser, Strom – alles weg. Damit wurden die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Kritische Infrastrukturen sind heute angreifbarer als je zuvor. Es sind umfangreiche Risikoanalysen nötig, um die Gefahren richtig einschätzen und Eintrittswahrscheinlichkeiten gering halten zu können. Das wird bisher aber deutlich zu wenig praktiziert.

80 Prozent der CEOs glauben, dass ihre Netzwerke sicher sind, und sie investieren immerhin circa 70 Prozent des Budgets für IT-Security in die Netzwerksicherheit. Das ist jedoch der falsche Ansatzpunkt, denn die wenigsten Hacker attackieren heute noch das Netzwerk. 80 Prozent der Angriffe zielen mittlerweile auf Applikationen. Problem Nummer zwei: Die Abteilungen Applikationen und IT-Sicherheit sind voneinander getrennt. Ärgerlich nur, dass sich Cyberkriminelle nicht an solche Organisationsstrukturen halten. Die einzige Lösung: Unternehmen müssen sich anpassen. Das heißt im Klartext: Es gilt, IT-Silos aufzulösen und einen Chief Digital Officer (CDO) einzusetzen. Ein CDO kümmert sich um sämtliche digitale Aufgaben und bricht die Silos auf.

In Zukunft wird durchgängiges Know-how gefragt sein. Denn Applikationsentwicklung hat immer auch mit Sicherheit zu tun, und IT-Sicherheitsspezialisten muss klar sein, dass sie "möglich machen" müssen – auch wenn das eine Gratwanderung ist! Sicherheitsbedenken dürfen nicht das Potenzial der IT als Businessfaktor und -treiber einschränken. Das funktioniert nur in einer transformierten Unternehmensstruktur, mit einem neuen Selbstverständnis und einem CDO. In unserer vernetzten Zeit müssen Sicherheitslücken – egal ob technologische oder organisationsstrukturelle – schneller denn je geschlossen werden. Denn einen Blackout-Ernstfall darf es nicht geben."
(F5 Networks: ra)

F5 Networks: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Bedrohungslage ganzheitlich verstehen

    Mit dem Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 hat die Bundesregierung einen überfälligen Schritt getan. Die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie kommt damit in die nächste Phase - verspätet, aber mit deutlich geschärften Konturen. Der Regierungsentwurf schafft erstmals einen verbindlichen Rahmen für Cybersicherheit in weiten Teilen der Wirtschaft und verankert Mindeststandards, die weit über den bisherigen KRITIS-Kreis hinausreichen.

  • KI-Assistent ein potenzieller Angriffspunkt

    Der Schwerpunkt des neuen freiwilligen Verhaltenskodexes der Europäischen Union für künstliche Intelligenz liegt verständlicherweise auf der verantwortungsvollen Entwicklung künstlicher Intelligenz. Doch indirekt wirft er auch die Frage nach einem weiteren wichtigen Pfeiler der gewissenhaften Einführung auf: der Sicherheit bei der Nutzung von KI.

  • Umsetzung der E-Rechnungspflicht

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte kürzlich ein neues Entwurfsschreiben zur elektronischen Rechnungsstellung. Darin korrigiert das BMF Fehler des Einführungsschreibens vom Oktober 2024 und nimmt Ergänzungen vor. Für Unternehmen gilt es nun zu verstehen, ob sich aus dem Entwurfsschreiben vom 28. Juni 2025 neue oder geänderte Anforderungen für das interne Rechnungswesen ergeben. Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen kein leichtes Unterfangen.

  • Globale Regulierung Künstlicher Intelligenz

    Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische AI Act in Kraft getreten - ein historischer Meilenstein für die globale Regulierung Künstlicher Intelligenz. Europa hat damit umfassende Maßstäbe gesetzt. Doch in Deutschland fehlt der Digitalwirtschaft weiterhin die notwendige Orientierung. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e.?V. sieht in der Regulierung neue Chancen für den digitalen europäischen Binnenmarkt, warnt aber zugleich vor Versäumnissen: Unternehmen fehlt es an konkreten Standards, an Rechtssicherheit - und an einer verlässlichen politischen Perspektive. Das Risiko: Deutschland droht, den Anschluss an die nächste Welle der KI-Innovation zu verlieren.

  • VdK prüft Musterklagen seiner Mitglieder

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht im Haushaltsentwurf 2026 von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil keine nachhaltige Lösung für die Sozialversicherungen: "Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen