Karenzzeit von bis zu drei Jahren gefordert


Wechsel von Politik in die Wirtschaft unzureichend geregelt
Europarat beklagt mangelnde Beachtung der Empfehlungen zur Korruptionsvorsorge



Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland begrüßt den GRECO-Bericht zur fünften Evaluierungsrunde und fordert die umgehende Umsetzung der Empfehlungen. Die Forderungen der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) bestätigen die Kritikpunkte von Transparency Deutschland.

Prof. Dr. Wolfgang Jäckle, stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland, führt aus: "Die GRECO sieht in Deutschland zwar gewisse Fortschritte, bringt ungeachtet dessen aber mit großer Deutlichkeit die mangelhafte Erfüllung ihrer teilweise bereits vor vielen Jahren erhobenen Forderungen zum Ausdruck. Die Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung einiges versprochen – leider wartet dies noch auf die Umsetzung. So fehlt weiterhin ein legislativer Fußabdruck, der die Ministerien verpflichtet, Beiträge im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens unter Namensnennung offenzulegen. In Bezug auf das Lobbyregister sieht GRECO ihre Empfehlungen zwar teilweise umgesetzt, kritisiert jedoch zurecht, dass der Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen nicht genügend weit sei. GRECO unterstreicht außerdem unsere Kritik, dass die auf der Referentenebene ausgeübte Lobbyarbeit bisher überhaupt nicht unter das Lobbyregistergesetz fällt.”

Wechsel von Politik in die Wirtschaft unzureichend geregelt
2020 hatten die Experten des Europarats empfohlen, die Karenzzeiten für die Wechsel von politischen Entscheidungsträgern in die Wirtschaft zu verlängern und so mögliche Interessenkonflikte zu umgehen. Darüber hinaus sollten Sanktionen für Verstöße eingeführt werden.

Dazu sagte Dr. Jäckle: "Wir fordern für ehemalige Regierungsmitglieder schon lange eine Karenzzeit von bis zu drei Jahren, wenn der Anschein eines Zusammenhangs zwischen im Amt ausgeübter Tätigkeit und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit besteht. Über eine Untersagung einer Tätigkeit sollte ein unabhängiges, extern beratendes Gremium entscheiden. Es ist ein klares Signal an die Bundesregierung, dass auch GRECO in ihrem Bericht die laschen Regelungen in Deutschland hierzu kritisiert und die Einführung von Sanktionen bei Missachtung der Regelungen fordert.”

Die GRECO kritisiert darüber hinaus, dass die Regierungsmitglieder ihre finanziellen Interessen und Vermögenswerte nicht öffentlich und angemessen überprüfbar erklären müssen (Interessenerklärung). Im Vergleich dazu erstreckt sich zum Beispiel bei EU-Kommissionsmitgliedern diese Pflicht sogar auf den/die (Ehe-)Partnern und minderjährige Kinder (diesbezüglich ohne Veröffentlichung).

Hintergrund
Deutschland ist seit 1999 Mitglied der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) und wurde 2020 zum fünften Mal einer Evaluierung unterzogen. Ziel des GRECO-Berichts ist es, "die Wirksamkeit der behördlichen Maßnahmen zu bewerten, die ergriffen wurden, um Korruption in Zentralregierungen (hochrangige Entscheidungsträgerinnen und -träger der Exekutive) und Strafverfolgungsbehörden zu verhindern und Integrität zu fördern. Der nun veröffentlichte Umsetzungsbericht bewertet Maßnahmen der deutschen Behörden zur Umsetzung Empfehlungen aus 2020.
(Transparency: ra)

eingetragen: 01.04.23
Newsletterlauf: 29.06.23

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Bedrohungslage ganzheitlich verstehen

    Mit dem Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 hat die Bundesregierung einen überfälligen Schritt getan. Die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie kommt damit in die nächste Phase - verspätet, aber mit deutlich geschärften Konturen. Der Regierungsentwurf schafft erstmals einen verbindlichen Rahmen für Cybersicherheit in weiten Teilen der Wirtschaft und verankert Mindeststandards, die weit über den bisherigen KRITIS-Kreis hinausreichen.

  • KI-Assistent ein potenzieller Angriffspunkt

    Der Schwerpunkt des neuen freiwilligen Verhaltenskodexes der Europäischen Union für künstliche Intelligenz liegt verständlicherweise auf der verantwortungsvollen Entwicklung künstlicher Intelligenz. Doch indirekt wirft er auch die Frage nach einem weiteren wichtigen Pfeiler der gewissenhaften Einführung auf: der Sicherheit bei der Nutzung von KI.

  • Umsetzung der E-Rechnungspflicht

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte kürzlich ein neues Entwurfsschreiben zur elektronischen Rechnungsstellung. Darin korrigiert das BMF Fehler des Einführungsschreibens vom Oktober 2024 und nimmt Ergänzungen vor. Für Unternehmen gilt es nun zu verstehen, ob sich aus dem Entwurfsschreiben vom 28. Juni 2025 neue oder geänderte Anforderungen für das interne Rechnungswesen ergeben. Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen kein leichtes Unterfangen.

  • Globale Regulierung Künstlicher Intelligenz

    Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische AI Act in Kraft getreten - ein historischer Meilenstein für die globale Regulierung Künstlicher Intelligenz. Europa hat damit umfassende Maßstäbe gesetzt. Doch in Deutschland fehlt der Digitalwirtschaft weiterhin die notwendige Orientierung. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e.?V. sieht in der Regulierung neue Chancen für den digitalen europäischen Binnenmarkt, warnt aber zugleich vor Versäumnissen: Unternehmen fehlt es an konkreten Standards, an Rechtssicherheit - und an einer verlässlichen politischen Perspektive. Das Risiko: Deutschland droht, den Anschluss an die nächste Welle der KI-Innovation zu verlieren.

  • VdK prüft Musterklagen seiner Mitglieder

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht im Haushaltsentwurf 2026 von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil keine nachhaltige Lösung für die Sozialversicherungen: "Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen