Rückschlag im Kampf gegen Korruption


Union und SPD haben sich nach viel Druck aus der Zivilgesellschaft dazu entschieden, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nicht wie ursprünglich von der Union gefordert in seiner jetzigen Form abzuschaffen, sondern mit "Mehrwert" zu reformieren
Transparency Deutschland: "Wir müssen in Deutschland endlich systemische Verbesserungen und weitreichende Reformen für mehr Transparenz und Korruptionsprävention durchsetzen – für eine zukunftsfähige und resiliente Demokratie"



Transparency Deutschland kritisiert den Koalitionsvertrag von Union und SPD als unzureichend im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung und -prävention sowie Transparenz. Keine der drei Kernforderungen, die die Antikorruptionsorganisation bereits im Wahlkampf an die künftige Bundesregierung formuliert hatte, wurde im Koalitionsvertrag berücksichtigt. In der nächsten Legislaturperiode bleiben damit gravierende Defizite bestehen – und der Handlungsbedarf verschärft sich.

Dazu Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland:

"Der neue Koalitionsvertrag ist ein herber Rückschlag im Kampf gegen Korruption und für mehr Transparenz staatlichen Handelns. Keine unserer drei Kernforderungen hat es in den Koalitionsvertrag geschafft. Das Wort "Transparenzgesetz" kommt auf 146 Seiten nicht einmal vor. Auch wird es keine Reform der Parteienfinanzierung geben, geschweige denn einen Spendendeckel. Die Bedrohung unserer Demokratie durch strategische Korruption und illegitime ausländischer Einflussnahme wird ebenfalls nicht thematisiert. Das zeigt, dass die drastisch veränderte geopolitische Sicherheitslage offenbar noch immer nicht in ihrer vollen Tragweite erkannt ist."

Union und SPD haben sich nach viel Druck aus der Zivilgesellschaft dazu entschieden, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nicht wie ursprünglich von der Union gefordert in seiner jetzigen Form abzuschaffen, sondern mit "Mehrwert" zu reformieren. Das ist eine vage Formulierung und droht eine Floskel für eine Abschwächung zu sein. Deshalb fordert Transparency Deutschland weiterhin eine Reform, die das Recht auf Informationsfreiheit stärkt, nicht einschränkt, und zwar in Form eines längst überfälligen Transparenzgesetzes. Dafür braucht es ein zentrales Transparenzportal mit einer automatisierten, digitalen Veröffentlichung von Dokumenten. Das entlastet die Verwaltung und ist nutzerfreundlich für Informationssuchende. Es schafft Transparenz und Mehrwert für alle. Die vereinbarte "Verschlankung" des Umweltinformationsgesetzes (UIG) und eine Reform des IFG darf dagegen nicht zum Abbau von Transparenz und Rechten führen.

Trotz zahlreicher problematischer Vorkommnisse im vergangenen Wahlkampf – vor allem Strohmannspenden, dubiose Finanzierungspraktiken bei AfD, BSW und WerteUnion sowie Großspenden-Rekordsummen – findet sich im Koalitionsvertrag kein Wort zur Reform der Parteienfinanzierung. Das ist enttäuschend und gefährlich zugleich. Gerade jetzt ist ein klares Bekenntnis zu mehr Transparenz, Kontrolle und gesetzlicher Klarheit notwendig und dringlich. Stattdessen plant die Koalition einen Stellenabbau von acht Prozent in der Bundestagsverwaltung, was die ohnehin mangelhafte Kontrolle im Bereich des Parteienrechts und die Überprüfung der Abgeordnetenpflichten weiter schwächen dürfte. Weniger Personal bei gleichzeitig fehlenden Reformen bedeutet am Ende nur eins: noch mehr Lücken im System.

"Die neue Koalition bekennt sich zwar unter dem Schlagwort "Demokratische Resilienz" explizit dazu, "die demokratische Integrität unserer Parlamente, des öffentlichen Dienstes und der Justiz" zu schützen", erklärt Alexandra Herzog. "Dennoch soll es laut dem vorliegenden Koalitionsvertrag keine Enquete-Kommission zur systematischen Untersuchung von strategischer Korruption geben, wie sie von Transparency Deutschland gefordert wird, um die Verwundbarkeit unserer Demokratie durch verdeckte ausländische Einflussnahme in den Blick zu nehmen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ganz offensichtlich haben die Koalitionäre das Ausmaß der Bedrohung noch nicht erkannt.

"Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte in der Pressekonferenz zum Koalitionsvertrag wörtlich: "Es geht darum, das Richtige zu ändern und an den richtigen Stellschrauben zu drehen." Dieser Aussage müssen wir widersprechen: Die Koalitionspartner haben die entscheidenden Stellschrauben nicht angefasst, der Koalitionsvertrag weist in zentralen Punkten eklatante Lücken auf. Doch die Zeit zu handeln ist jetzt! Wir müssen in Deutschland endlich systemische Verbesserungen und weitreichende Reformen für mehr Transparenz und Korruptionsprävention durchsetzen – für eine zukunftsfähige und resiliente Demokratie." (Transparency Deutschland: ra)

eingetragen: 14.04.25

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