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eCard datenschutzrechtlich fragwürdig


Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte (eCard) ohne Sicherheitskonzept:
Chaos Computer Club warnt vor unabsehbaren Risiken bei der elektronischen Gesundheitskarte
Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt wird zeitgleich mit der Gesundheitskarte jedem Bürger eine eindeutige Nummer (Patienten-ID) zugewiesen


(19.03.08) - Die zum 1. April 2008 geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) kann nicht wie geplant stattfinden. Das technische Großabenteuer der Bundesregierung wird ohne funktionierende Sicherheitsinfrastruktur anlaufen. Damit legt das datenschutztechnisch fragwürdige und seit Jahren umstrittene Projekt einen erneuten Fehlstart hin.

Nachdem der ehemalige Geschäftsführer der gematik, Dirk Drees, im Dezember 2007 aufgrund der vielen technischen Probleme das Handtuch warf, übernahm nun Peter Bonerz die Führung über das immer wieder verzögerte Projekt. Mehr als ein theoretisches Konzept für die Gesundheitskarte hat die gematik jedoch bisher nicht vorzuweisen. Peter Bonerz erklärte auf der CeBIT, dass die geplante technische Infrastruktur noch nicht in Betrieb genommen werden kann, da die offizielle Ausschreibung der Public-Key-Infrastruktur (PKI) des zentralen Backbone-Server-Verbundes bislang immer noch nicht abgeschlossen ist.

"Was sich nach einem Aprilscherz anhört, meint die gematik tatsächlich ernst", sagte der Sprecher des Chaos Computer Club (CCC), Dirk Engling. "Es werden neue riesige Datenberge angehäuft, ohne dass das Sicherheitskonzept zum Zugriff auf die medizinischen Daten bisher erprobt wurde. Ein Feldtest des Kommunikationssystems konnte aufgrund der fehlenden Ausschreibung gar nicht erfolgen. Jede Softwareklitsche leistet da bessere Arbeit, obwohl diese nicht über ein Milliardenbudget verfügen."

In den bisherigen Feldtests gab es nach Angaben der gematik Probleme mit dem Zugriff auf die Karten sowie mit dem Einsatz des neuen elektronischen Rezeptes (eRezept), das als die Hauptanwendung der eCard beworben wird. Die ursprünglich vorgesehenen Feldtests mit 100.000 Karten wurden gleich ganz abgeblasen.

Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt wird zeitgleich mit der Gesundheitskarte jedem Bürger eine eindeutige Nummer (Patienten-ID) zugewiesen. Damit kann jeder Mensch und seine Krankengeschichte auch nach Jahren noch zurückverfolgt werden. Die Stammdaten aller Versicherten werden zentral und unverschlüsselt gespeichert sowie zur Authentifizierung genutzt. Zusätzlich wird auch die bislang freiwillige elektronische Patientenakte (ePA) zentral gespeichert, auch wenn die Bundesregierung immer wieder behauptet, dass die Kontrolle über die sensiblen Daten beim Versicherten bleibt.

Aus der bisher vorliegenden technischen Dokumentation der Gesundheitskarte geht außerdem hervor, dass es später sogenannte Mehrwertdienste geben wird. Durch dieses fragwürdige Geschäftsmodell sollen in Zukunft die immensen Kosten der Einführung und des Betriebes der Infrastruktur refinanziert werden.

"Es ist nicht akzeptabel, dass Patientendaten, auch wenn diese teilweise freiwillig gespeichert wurden, als Handelsware verwendet werden sollen. Es dürfte für einen Unfallpatienten nicht angenehm sein, in seinem Briefkasten ein Angebot über günstige Hüften zu finden. Die Bundesregierung hat bislang nicht erklärt, wofür genau diese ominösen Mehrwertdienste verwendet werden", kommentierte CCC-Sprecher Dirk Engling.

Auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP zur elektronischen Gesundheitskarte brachte keine Klärung.

Der CCC warnt vor der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, da notwendige Feldtests zur Evaluation aufgrund der Fehlplanung nicht wie vorgesehen durchgeführt werden, sondern die unkalkulierbaren Risiken und Nebenwirkungen des Experiments ab April von den Patienten und den Angehörigen der Heilberufe getragen werden. Der Schutz der Daten soll ohnehin zum großen Teil durch die Praxen und Kliniken gewährleistet werden, die jedoch überhaupt keinen zusätzlichen Nutzen durch die eCard haben werden.

Im Gegenteil: Die Ärzte und Apotheker sind diejenigen, welche die Kosten des 4,5-Milliarden-Euro-Projektes vorschießen müssen. Ein medizinischer Nutzen der Gesundheitskarte wird seitens der Bundesregierung ohnehin nicht mehr behauptet. Warum also die Milliarden für das Projekt ausgegeben werden, wird weiterhin nicht begründet. (CCC: ra)


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