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Oil for Food-Skandal - Deutsche Firmen beteiligt


BMWi unter Druck: Ministerium soll deutsche Korruptionsfälle im Rahmen des UN-Programms "Öl für Lebensmittel " als Verstoß gegen die OECD-Leitsätze untersuchen
Transparency Deutschland legt Beschwerde gegen 57 deutsche Unternehmen ein, die in den Oil for Food - Skandal im Irak verwickelt sein sollen


(06.06.07) - Transparency International Deutschland e.V. hat gegen 57 deutsche Unternehmen Beschwerde beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eingelegt. Laut Transparency, das sich auf eine Expertenuntersuchung der UNO beruft, haben die Unternehmen im Rahmen des Programms "Öl für Lebensmittel" (Oil for Food) der Vereinten Nationen insgesamt 11,9 Millionen US-Dollar Schmiergelder an den Irak gezahlt.

Transparency macht geltend, dass die Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen verstoßen haben. Diese von Deutschland und 38 weiteren Staaten unterzeichneten Leitsätze legen Verhaltensstandards in Bezug auf Umwelt, Soziales und Korruptionsbekämpfung fest.

Das BMWi ist auf Grund internationaler Vereinbarungen dafür verantwortlich, die Einhaltung der OECD-Leitsätze zu fördern und mutmaßliche Verstöße ggf. zu untersuchen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie soll die Unternehmen zur aktiven Korruptionsprävention anhalten, fordert Transparency Deutschland. Die vorliegende Beschwerde ist weltweit die erste, in der eine Regierung dazu aufgefordert wird, die Korruptionsfälle im Rahmen des UN-Programms "Öl für Lebensmittel " als Verstoß gegen die OECD-Leitsätze zu untersuchen.

Hansjörg Elshorst, Vorsitzender von Transparency Deutschland: "Die Korrumpierung des Oil for Food-Programms ist einer der umfangreichsten Korruptionsskandale der Gegenwart, da 2253 Firmen weltweit in den Skandal verwickelt sind. Es muss sichergestellt werden, dass insbesondere die in den Skandal involvierten Unternehmen nicht einfach weitermachen wie bisher."

Shirley van Buiren, Leiterin der Transparency- Arbeitsgruppe Corporate Accountability: "Zweck der Beschwerde ist es nicht, die Vergangenheit zu analysieren, sondern vor allem in die Zukunft zu schauen. Die Unternehmen sollen Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass es jemals wieder zu einem solch skandalösen Verhalten kommt." In der Beschwerdeschrift werden in Anlehnung an die OECD-Leitsätze Vorschläge zur Korruptionsprävention in Unternehmen gemacht.

Die unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Verstöße gegen das Programm "Öl für Lebensmittel" nennt unter den weltweit 2.253 Unternehmen, die gesetzeswidrige Zahlungen an den Irak geleistet haben, 57 deutsche Unternehmen, darunter u.a. Babcock Borsig, DaimlerChrysler, Linde und Siemens. Alle deutschen Oil for Food-Sünder finden sie hier.

Ziel des Programms "Öl für Lebensmittel " war es, das durch das Handelsembargo verursachte Leiden der irakischen Bevölkerung zu lindern. Der Regierung unter Saddam Hussein gelang es zwischen 1999 und 2002 insgesamt 1,8 Milliarden US-Dollar aus dem Hilfsprogramm an den Vereinten Nationen vorbei auf schwarze Konten zu schleusen.

Der Abschlussbericht der so genannten Volcker -Kommission, benannt nach dem Kommissionsvorsitzenden Paul Volcker , dem ehemaligen Vorsitzenden der US Federal Reserve, belegt bis ins Detail Schmiergeldzahlungen. Solche illegale und als Gebühren getarnte Zahlungen wurden in Zusammenhang mit Lieferverträgen für humanitäre Güter, wie zum Beispiel Nahrungsmittel und Medizin, getätigt. Die Beschwerde von Transparency Deutschland bezieht sich auf den Abschlussbericht der Volcker-Kommission.

Transparency Deutschland weist daraufhin, dass in mehreren Bundesländern Staatsanwaltschaften nach wie vor gegen die in den Skandal verwickelten deutschen Unternehmen ermitteln. Transparency Deutschland begrüßt diese Ermittlungsverfahren und betont, dass die vorliegende Beschwerde eine wichtige Ergänzung zur Aufarbeitung der Korruptionsvorfälle ist. Selbst wenn ein Unternehmen im Rahmen dieser Ermittlungsverfahren schuldig gesprochen wird, besteht keinerlei gesetzliche Verpflichtung, Maßnahmen zur zukünftigen Korruptionsprävention im Unternehmen zu ergreifen.

Der UN-Skandal, der weltweit viel Aufmerksamkeit erregt hat, ist ein guter Anlass, die Unternehmen an ihre Pflichten zu erinnern. Sie müssen größere Anstrengungen machen, die hohen Standards, die die OECD-Leitsätze im Bereich der Korruptionsprävention festsetzen, auch tatsächlich zu erreichen.

Transparency Deutschland hat die Beschwerde bei der zuständigen Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen eingereicht. Die Kontaktstelle unter dem Dach des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ist mit der Bearbeitung von Beschwerden gegen deutsche Unternehmen betraut. Transparency erwartet von der Kontaktstelle, dass sie mit den 57 betroffenen Unternehmen Maßnahmen vereinbart, die zukünftige Verstöße gegen die OECD-Leitsätze zu verhindern helfen.

Der Beschwerdetext von Transparency Deutschland enthält die Namen und Adressen der 57 Unternehmen sowie Informationen zu den Schmiergeldzahlungen, die durch die Volcker-Kommission dokumentiert wurden. Der vollständige Beschwerdetext ist auf www.transparency.de abrufbar.

OECD-Leitsätze
Die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen sind ein umfassender Verhaltenskodex für international tätige Unternehmen und werden von insgesamt 39 Staaten unterstützt. Die im Jahr 2000 zuletzt überarbeiteten Leitsätze haben 30 Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und 9 weitere Staaten, z.B. Argentinien, Brasilien und Israel, unterzeichnet. Mehr Informationen zu den OECD-Leitsätzen finden sie hier.

Transparency International Deutschland ist Mitglied von OECD Watch, einem internationalen Netzwerk von mehr als 50 Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine vollständige Implementierung der OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen einsetzen.
Mehr Informationen dazu unter: www.oecdwatch.org

OECD-Leitlinien und der G8-Gipfel:
Die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen sind eines der auf dem G8-Gipfel vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm diskutierten Themen. Die Arbeitsminister der G8-Staaten haben im Rahmen ihres Treffens vom 6. bis 8. Mai in Dresden eine gemeinsame Verlautbarung zur Veröffentlichung in Heiligendamm vereinbart, die folgende Aufforderung beinhaltet: "Wir ermuntern die Unternehmen in den G8-Staaten und darüber hinaus ausdrücklich, die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen zu beachten und verpflichten uns, aktiv die Verbreitung dieser Leitsätze zu unterstützen und eine wirksamere Tätigkeit der in den OECD Leitsätzen genannten Nationalen Kontaktstellen zu fördern".
Den Text der Verlautbarung finden Sie unter www.bmas.bund.de.


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Meldungen: Markt-Nachrichten

  • Massiver Datenschutzverstoß

    Vierzehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen - darunter auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) - starteten, koordiniert von Liberties, die Kampagne #StopSpyingOnUs, indem sie gleichzeitig in neun EU-Ländern bei ihren nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden Beschwerden gegen illegale Verfahren der verhaltensorientierten Werbung einreichen. Zu den Ländern, die an der Kampagne teilnehmen, gehören Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Estland, Bulgarien, Ungarn, Slowenien und die Tschechische Republik. Dies ist die dritte Welle einer Kampagne, die 2018 begann. Die ersten Beschwerden wurden bei den britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht.

  • Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten

    Seit drei Jahren ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen insgesamt drei Beschuldigte. Ab 18.02.2019 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von vier Immobilien in Schwalbach am Taunus, Nürnberg, Regensburg und Mühldorf am Inn im Gesamtwert von rund 40 Millionen Euro. Daneben wurde ein Konto bei einer Bank in Lettland mit einem erwarteten Guthaben in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, welches aus der Veräußerung einer weiteren Immobilie in Chemnitz herrührt. Zusätzlich wurde die vorläufige Sicherung von Kontoguthaben bei diversen Banken in Deutschland auf der Grundlage von Vermögensarresten in Höhe von ca. 6,7 Millionen Euro bei zwei beteiligten Immobiliengesellschaften in Deutschland veranlasst.

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    Der FIU-Jahresbericht für das Jahr 2016 verzeichnet mit rund 40 Prozent die höchste Steigerungsrate an Geldwäscheverdachtsmeldungen innerhalb der letzten 15 Jahre. Insgesamt 40.690 (2015: 29.108) Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz wurden an die FIU übermittelt, der Großteil davon von den Kreditinstituten. Mit 38 Prozent (2015: 32 Prozent) sind die meisten Bezüge zum Deliktsbereich Betrug festgestellt worden. Darunter fallen zum Beispiel auch der Warenbetrug über das Internet und der CEO-Fraud. Durch die Erkenntnisse, die direkt aus den Verdachtsmeldungen gewonnen werden konnten und den anschließenden verfahrensunabhängigen Finanzermittlungen stellten die Ermittlungsbehörden insgesamt Vermögenswerte von rund 69, 8 Millionen Euro sicher. Das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr.

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