Mitarbeiterüberwachung eine haltlose Unterstellung


Unverhältnismäßig und unrechtmäßig: notebooksbilliger.de wehrt sich gegen Bußgeldbescheid der Datenschutzbeauftragten
NBB legt Einspruch gegen Bußgeldbescheid über 10,4 Millionen Euro ein - Kritik an Begründung und Vorgehen der Behörde - Aktueller Umgang mit DSGVO schafft Rechtsunsicherheit für den Mittelstand



Der Online-Händler notebooksbilliger.de AG (NBB) hat Einspruch gegen den Bußgeldbescheid in Höhe von 10,4 Millionen Euro eingelegt, den die Datenschutzbeauftragte des Landes Niedersachsen wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Datenschutzrecht am 21. Dezember 2020 gegen das Unternehmen verhängt hat. Oliver Hellmold, CEO von notebooksbilliger.de: "Das Bußgeld ist völlig unverhältnismäßig. Es steht in keiner Relation zur Größe und Finanzkraft des Unternehmens sowie zur Schwere des angeblichen Verstoßes. Wir halten den Bescheid für nicht rechtmäßig und fordern seine Aufhebung."

Versandunternehmen kontrollieren Warenfluss per Video
In einem bereits 2017 begonnenen Kontrollverfahren hatte die niedersächsische Datenschutzbeauftragte NBB veranlasst, den Einsatz von Videokameras teilweise zu ändern. Das Unternehmen kooperierte eng, um eine vollständige Compliance mit der DSGVO auch aus Sicht der Behörde sicherzustellen.

NBB nutzt Kameras, um den Warenfluss bei Lagerung, Verkauf und Versand der hochwertigen IT-Produkte zu verfolgen. Bei verschwundener oder beschädigter Ware werden die gespeicherten Aufzeichnungen allenfalls nachträglich auf Hinweise untersucht. Dieses Vorgehen ist bei Versand- und Logistikunternehmen Standard.

Vorwurf der Mitarbeiterüberwachung haltlose Unterstellung
Deshalb wehrt sich NBB vehement gegen die von der Datenschutzbeauftragten geäußerte Unterstellung, der Onlinehändler habe systematisch Leistungen und Verhalten seiner Mitarbeiter überwacht. Diese Darstellung ist ebenso falsch wie unverantwortlich. Zu keinem Zeitpunkt war das Videosystem darauf ausgerichtet, das Verhalten der Mitarbeiter oder deren Leistungen zu überwachen. Es war auch technisch überhaupt nicht dafür ausgestattet.

NBB CEO Oliver Hellmold: "Wir sind ein überschaubarer Mittelständler und kein anonymer Großkonzern. In unseren Lagern und Versandzentren arbeiten kleine Teams, da benötigen Vorgesetzte keine Videoaufnahmen, um Mitarbeiter beurteilen zu können. Sofern die Datenschutzbeauftragte Niedersachsen etwas anderes suggeriert, ist dies grob falsch und gefährdet unseren guten Ruf."

Bedauerlicherweise hat es die niedersächsische Datenschutzbeauftragte während der Dauer des dreijährigen Verfahrens nicht für erforderlich gehalten, der Einladung von NBB zu folgen und sich den Einsatz der Kameras selbst anzusehen. Hätte die Behörde sich vor Ort ein eigenes, genaues Bild gemacht, hätte sie den Vorwurf der Mitarbeiterüberwachung nicht aufrechterhalten können.

CEO Hellmold: "Es ist absurd, dass eine Behörde ein Bußgeld von mehr als 10 Millionen Euro verhängt, ohne den Sachverhalt ausreichend zu ermitteln. Offenbar soll hier auf Kosten unseres Unternehmens ein Exempel statuiert werden, das mit notebooksbilliger.de nur wenig zu tun hat. Es geht darum, ein möglichst abschreckendes Bußgeldregime in Sachen Datenschutz zu etablieren."

NBB fordert Rechtssicherheit für den deutschen Mittelstand
Seinen Einspruch führt notebooksbilliger.de auch stellvertretend für andere Mittelständler, denen jederzeit ähnlich ungerechte Verfahren drohen könnten. Im Digitalzeitalter ist Datenschutz ein wichtiges Rechtsgut. Oliver Hellmold: "Wir stehen voll und ganz hinter der DSGVO, aber der aktuelle Umgang mit ihr verursacht enorme Rechtsunsicherheit und bedroht so die Leistungsfähigkeit des Mittelstands in Deutschland. Dadurch leisten Datenschützer ihrem Anliegen am Ende einen Bärendienst."

Datenschutz-Bußgeld durch Gericht neu zu bewerten
NBB wird bei seinem rechtlichen Vorgehen gegen den Bescheid durch Datenschutz-Spezialist Hanno Timner von der Kanzlei Morrison & Foerster und den Berliner Strafverteidiger Uwe Freyschmidt vertreten. Timner und Freyschmidt hatten im November 2020 vor dem Landgericht Bonn für 1&1 eine Reduktion des vom Bundesdatenschutzbeauftragten verhängten Bußgeldes um mehr als 90 Prozent erstritten. Rechtsanwalt Timner sagt: "Wie bereits dieses Urteil gezeigt hat, kann der Umsatz eines Unternehmens nicht die entscheidende Bemessungsgrundlage sein. Wir halten das verhängte Bußgeld gegen notebooksbilliger.de für eindeutig unverhältnismäßig".

Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Bußgeldhöhe wird nicht der einzige Ansatz beim Einspruch gegen den Bescheid sein, wie Strafrechtler Freyschmidt ergänzt: "Wir werden vor Gericht einige Fragen auf den Prüfstand stellen. Insbesondere wird zu klären sein, ob die Datenschutzbehörde darauf verzichten konnte, einen konkreten Verstoß einer Leitungsperson im Unternehmen festzustellen." (Pressemitteilung von notebooksbilliger.de: ra)

eingetragen: 12.01.21
Newsletterlauf: 10.02.21

Lesen Sie auch:
Rechtswidrige Videoüberwachung
Datenschutz-Bußgeld gegen notebooksbilliger
Generalverdacht nicht erlaubt

notebooksbilliger.de: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Zum letzten Mal unverschlüsselte Anfragen

    mailbox.org, der auf Datenschutz und Datensicherheit spezialisierte E-Mail-Dienst, hat seinen jährlichen Transparenzbericht zu behördlichen Auskunftsanfragen für 2022 veröffentlicht und zieht Bilanz. Die Gesamtanzahl der behördlichen Anfragen ist im vergangenen Jahr erneut gesunken, auf insgesamt 55 von 65 im Jahr 2021, die Anzahl der rechtswidrigen Anfragen ist jedoch gestiegen. 14 der 55 Behördenanfragen im Jahr 2022 wurden von mailbox.org zurückgewiesen, da sie Fehler enthielten oder rechtlich unzulässig waren - dies entspricht mit 25,4 Prozent einem Viertel aller Anfragen, verglichen mit 15,4 Prozent im Jahr 2021.

  • Mit Künstlicher Intelligenz gegen Plagiate

    Die deutsche Volkswirtschaft erleidet über 50 Milliarden Euro Schaden durch Produkt- und Markenpiraterie pro Jahr. 97 Prozent der erfassten Plagiate stuften die EU-Marktaufsichtsbehörden als Waren mit ernsthaften Risiken ein. Produktions- und Logistikunternehmen sind machtlos gegen Plagiate: Weltweit gibt es keinen branchen- und grenzübergreifenden Lösungsansatz für die Verifizierung von Produkt-Identitäten.

  • Fachkräftemangel im Bereich Datenschutz

    Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) und die Hochschule Ansbach haben eine neue Kooperation vereinbart, um Studierenden eine praxisnahe Ausbildung im Bereich Datenschutz und IT-Sicherheit zu ermöglichen. "Wir freuen uns sehr u?ber die Zusammenarbeit mit der Hochschule Ansbach, um Studierenden einen Einblick in die Praxis des Datenschutzes zu geben und sie auf eine Karriere als Datenschutzbeauftragte vorzubereiten", so Ju?rgen Hartz, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des BvD.

  • Whistleblowing-Mechanismus gefragt

    Alle Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern mit Sitz in Deutschland müssen mittlerweile die EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie und das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) einhalten. Die Richtlinie zielt darauf ab, in der gesamten Europäischen Union einen Mindeststandard für den Schutz von Mitarbeitern zu schaffen, die Verstöße gegen europäisches Recht, wie Betrug, Fehlverhalten oder Belästigung, melden.

  • Verlässliche Kreditentscheidungen

    Inmitten der aktuellen Krisen wird es für Unternehmen und Privathaushalte zunehmend schwieriger, ihre Kreditlinien auszuweiten. Statt sich bei der Vergabe einzuschränken, sollten Banken moderne Systeme zur Bonitäts- und Risikoprüfung nutzen, um sich vor dem Risiko eines Zahlungsausfalls zu schützen, bestehende Kunden zu erhalten und neue zu erschließen sowie gleichzeitig eine Kreditklemme zu verhindern.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen