Form von institutionalisiertem Lobbyismus


Vergaberecht modernisieren: "Bei Ausschreibungen für Bauvorhaben besteht völlig grundlos eine eigene Regelung", sagt Transparency
Ungerechtfertigter Einfluss der Bauwirtschaft auf die Regelsetzung der Auftragsvergabe für öffentliche Bauvorhaben



Transparency fordert eine konsequente Modernisierung des Vergaberechts und begrüßt den Prüfungsauftrag im Koalitionsvertrag zur Vereinheitlichung des Vergaberechts. Eine Zusammenführung der Vergaberegeln zu Bauaufträgen einerseits und Liefer- und Dienstleistungsaufträgen anderseits in einer Rechtsverordnung würde zu mehr Transparenz und einer Vereinfachung des Vergaberechts führen. Erheblicher Widerstand kommt jedoch vom Kreis der Auftragnehmer öffentlicher Bauvorhaben, der sich mit einem Manifest pro VOB an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gegen jegliche Änderungen wehrt.

Dazu sagte Prof. Dr. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland: "Bei Ausschreibungen für Bauvorhaben besteht völlig grundlos eine eigene Regelung. Ein Festhalten daran bedeutet unnötige Bürokratie und komplizierte Vergabeverfahren. Wir wollen eine Modernisierung und Vereinfachung der Verfahren, um mehr Transparenz und damit einen höheren Schutz vor einem Missbrauch der Strukturen und vor Korruption herzustellen."

Im Rahmen des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) haben Vertreter der Auftragnehmer öffentlicher Bauvorhaben zusammen mit den öffentlichen Auftraggebern über Jahrzehnte die bestehenden Regelungen bestimmt. Die Tätigkeit dieses Gremiums ist nicht mehr zeitgemäß. Dennoch halten die Mitglieder dieses Gremiums mit ihren Verbänden - insbesondere von der Seite der Auftragnehmer - an ihm fest, da sie anscheinend den Verlust von Einfluss befürchten.

"Der Ausschuss ist zu einem erheblichen Anteil mit Vertretern der gesamten Bauwirtschaft besetzt. Das sorgt für einen ungerechtfertigten Einfluss der Bauwirtschaft auf die Regelsetzung der Auftragsvergabe für öffentliche Bauvorhaben. Das ist eine Form von institutionalisiertem Lobbyismus, den es zu beenden gilt", so Prof. Dr. Edda Müller.

Hintergrund
Der Koalitionsvertrag enthält den Auftrag zur Prüfung der Vereinheitlichung des Vergaberechts durch eine Zusammenführung der Vergaberegeln für Bauaufträge einerseits und Liefer- und Dienstleistungsaufträge andererseits in einer einheitlichen Vergabeverordnung. Dabei geht es insbesondere darum, dass die EU-rechtlich vorgegebenen Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge einschließlich der bislang gesondert geregelten Bauaufträge in einer Rechtsverordnung in einem geordneten Rechtsetzungsprozess zusammengefasst werden. In den letzten Jahren wurden bereits die Vergabeordnungen für Liefer- und Dienstleistungsaufträge (VOL) sowie freiberufliche Leistungen (VOF) in der neuen Vergabeverordnung (VgV) vereinheitlicht, verschlankt und somit modernisiert. Der Baubereich mit der VOB/A wurde aufgrund der historisch bedingten Eigenständigkeit von diesen Reformen bisher ausgenommen.

Demgegenüber fordern insbesondere die Bauverbände in einem Manifest Pro VOB ein Festhalten an den bestehenden Strukturen. Es handele sich um eine "seit Jahrzehnten bewährte Entlastung des Gesetz- und Verordnungsgebers".
(Transparency: ra)

eingetragen: 16.04.19
Newsletterlauf: 22.05.19

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet)

    Ein breites Bündnis aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und deutscher Kreditwirtschaft setzt sich für die rasche Einführung einer europäischen digitalen Identität ein. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die unterzeichnenden Verbände, darunter Bitkom und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), klare politische Leitlinien sowie eine beschleunigte Umsetzung für die Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet). Eine Wallet ist eine virtuelle Brieftasche, in der verschiedene digitale Dokumente auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert werden können.

  • In den Diensten der Rechtsberufe

    Doctrine, Plattform für juristische KI, steigt in den deutschen Markt ein. Das französische Legaltech-Unternehmen bietet seine Lösungen nun auch deutschen Kanzleien, Unternehmen, Behörden und Gerichten an. Doctrine entwickelt KI-Werkzeuge, die auf der Grundlage verlässlicher juristischer Informationen bei der Recherche sowie dem Verfassen juristischer Schriftsätze unterstützen. In Deutschland kooperiert Doctrine dazu mit dejure.org, einer der vertrauenswürdigsten Quellen für juristische Informationen. Doctrine geht hierzu eine strategische Beteiligung an dejure.org ein.

  • Cloud-Souveränität beginnt in Europa

    Wer hat Zugriff auf unsere Daten - und wo sind diese gespeichert? Diese Fragen stellen sich aktuell immer mehr Unternehmen in Europa. Angesichts zunehmender Cyberrisiken und globaler Spannungen wächst das Bewusstsein für digitale Souveränität. Und das zu Recht: Besonders die Zusammenarbeit mit US-Cloud-Diensten führt für europäische Unternehmen immer wieder zu Herausforderungen - sowohl operativ, rechtlich als auch sicherheitstechnisch. Die Bedeutung des europäischen Datenstandorts für Resilienz, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ist daher wichtiger denn je. Das gilt gerade für das Vertragsmanagement. Denn hier kommen hochsensible Informationen ins Spiel.

  • Kernkapital geht insgesamt zurück

    Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Ergebnisse ihres regelmäßigen Stresstests veröffentlicht. Seit dem Frühjahr haben sich die Kreditinstitute der Simulation eines Basis- und eines pessimistischen Drei-Jahres-Szenarios mit einem schweren makroökonomischen Abschwung gestellt. Die Ergebnisse werden von der EZB zur Berechnung der individuellen aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung der Institute herangezogen. Der Stresstest hatte zuletzt 2023 stattgefunden.

  • Bitkom veröffentlicht Transparenzbericht

    Als erster großer Wirtschaftsverband hat Bitkom einen umfassenden Transparenzbericht veröffentlicht. Er enthält unter anderem detaillierte Angaben zur internen Organisation, Entscheidungsprozessen, Mitgliederstrukturen, Finanzen und Beschäftigten, Kommunikation und den politischen Aktivitäten. Mit dem Transparenzbericht geht Bitkom deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen