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Keine Extra-Daten für gesetzliche Krankenkassen


Diese strikte Trennung der Datenerhebungsbefugnisse von Krankenkasse und MDK darf nicht leichtfertig aus fiskalischen Gründen aufgegeben werden
Die geplante Regelung stellt einen Fremdkörper in der bisherigen datenschutzrechtlichen Systematik im Krankenversicherungsrecht dar

(08.01.15) - Das Bundeskabinett beabsichtigt am 17. Dezember 2014 den Entwurf eines GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes zu beraten und zu beschließen. Darin wird u.a. den gesetzlichen Krankenkassen die Aufgabe übertragen, ihren Versicherten, die im (drohenden) Krankengeldbezug stehen, "individuelle Beratung und Hilfeleistung, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind" zu bieten. Damit verbunden ist eine umfassende Befugnis zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Gesundheitsdaten der Versicherten.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Andrea Voßhoff beurteilt das Vorhaben sehr kritisch: "Offenbar reagiert der Gesetzgeber mit dieser Regelung auf die steigenden Kosten, die durch die Gewährung von Krankengeld verursacht werden. Dabei wird aber der erforderliche Datenschutz aus den Augen verloren."

Nach der bisher geltenden Rechtslage ist die Erhebung sensibler Gesundheitsdaten grundsätzlich dem Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vorbehalten, insbesondere wenn er im Auftrag der Krankenkassen leistungsrechtliche Zweifelsfälle - etwa im Hinblick auf die rechtmäßige Gewährung von Krankengeld - begutachtet.

Andrea Voßhoff sagt: "Diese strikte Trennung der Datenerhebungsbefugnisse von Krankenkasse und MDK darf nicht leichtfertig aus fiskalischen Gründen aufgegeben werden. Die Trennung dient dem Schutz der Versicherten, indem die Bildung eines Pools sensibler Gesundheitsdaten bei den Krankenkassen verhindert wird. Die geplante Regelung stellt einen Fremdkörper in der bisherigen datenschutzrechtlichen Systematik im Krankenversicherungsrecht dar. Sie ist ein Einfallstor für weiter ausufernde Datensammlungen der Krankenkassen, das unbedingt verschlossen bleiben muss. Dem steht auch nicht die vorgesehene Einwilligungslösung entgegen, da die hierfür erforderliche Freiwilligkeit, innerhalb eines nicht gleichberechtigten Rechtsverhältnisses, wie es zwischen Versichertem und Krankenkasse besteht, grundsätzlich nicht vorliegt. Ich appelliere deshalb an die Bundesregierung, von der geplanten Regelung Abstand zu nehmen."

Auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat sich in einer Entschließung vom 16. Dezember 2014 gegen die Einführung einer gesetzlichen Regelung für das sogenannte Krankengeldfallmanagement ausgesprochen. (BfDI: ra)


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