KfZ-Steuer und Pkw- Maut auf dem Prüfstand


Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1992 zur Lkw-Maut untersagt Schlechterstellung ausländischer Verkehrsunternehmen gegenüber inländischen
Es werde nicht gegen das Antidiskriminierungsverbot der EU verstoßen, da "Ausländer nicht schlechter gestellt werden als Inländer"

(10.04.15) - Die Absicht der Bundesregierung, eine Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Autobahnen (Pkw-Maut) einzuführen und im Gegenzug für Inländer die Kraftfahrzeugsteuer entsprechend zu senken, ist mit europäischem Recht vereinbar. Diese Auffassung vertraten am Montag übereinstimmend zwei Rechtsexperten, Professor Friedemann Kainer von der Universität Mannheim und Professor Christian Hillgruber von der Universität Bonn, in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetz (18/3991).

Beide stellten fest, dass zwischen der hier behandelten Entlastung bei der Kfz-Steuer für Inländer und der mit einem anderen Gesetz, aber gleichzeitig einzuführenden Infrastrukturabgabe für alle Autobahnnutzer ein Sachzusammenhang bestehe. Damit werde aber nicht gegen das Antidiskriminierungsverbot der EU verstoßen, da "Ausländer nicht schlechter gestellt werden als Inländer", wie Kainer betonte. Hillgruber hob hervor, dass ausländische Nutzer maximal so viel Infrastrukturabgabe zahlen müssten wie inländische, letztere aber zudem weiterhin Kfz-Steuer zahlen müssten, wenn auch in geringerem Umfang.

Zwar verwiesen beide auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1992 zur Lkw-Maut, das nicht nur eine Schlechterstellung ausländischer Verkehrsunternehmen gegenüber inländischen, sondern darüber hinaus den Abbau bestehender Vorteile für ausländische Unternehmen untersagte. Sie machten aber darauf aufmerksam, dass das Gericht den Status quo nur bis zum Inkrafttreten einer EU-Richtlinie festgeschrieben habe. Inzwischen gebe es aber die Euro-Vignetten-Richtlinie für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, und "man kann schon argumentieren, dass das auch für leichtere Fahrzeuge gilt", sagte Kainer. Hillgruber wies darauf hin, dass auch das Weißbuch der EU-Kommission zur Verkehrspolitik für eine Umstellung der Infrastruktur-Finanzierung von Steuermitteln auf das Nutzer- und Verursacherprinzip plädiere. Die "Entwicklung des europäischen Sekundärrechts" sei so weit gediehen, dass die Voraussetzungen des Urteils von 1992 nicht mehr gegeben seien. Beide Sachverständigen wollten aber nicht spekulieren, ob der Europäische Gerichtshof ihrer Rechtsauffassung auch folgen würde.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft, Dieter Dewes, plädierte in der Anhörung für eine bessere Personalausstattung der Zollbehörden. Erfahrungsgemäß gebe es bei jeder Abgabenänderung zahlreiche Widersprüche, deren Bearbeitung Zeit beanspruche. Die Planung, nur für die Umstellung der Kfz-Steuer das Personal aufzustocken, aber im Folgejahr schon wieder deutlich abzubauen, sei daher nicht sinnvoll. Der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclub Deutschland e.V., Gerd Lottsiepen, beklagte, dass die Infrastrukturabgabe keine ökologische Lenkungswirkung habe. Durch die gleichzeitige Senkung der Kfz-Steuer werde die Möglichkeit, über sie auf einen umweltfreundlicheren Verkehr hinzuwirken, stark eingeschränkt.

Zwischen Laura Valentukeviciute vom Verein "Gemeingut in Bürgerinnenhand e.V." und Bodo Baumbach, Geschäftsführer der DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, kam es zu einer Auseinandersetzung über den Sinn öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) beim Straßenbau. Valentukeviciute rechnete vor, dass ÖPP die öffentliche Hand wesentlich teurer zu stehen komme als die herkömmliche Steuerfinanzierung. Daraufhin hielt ihr Baumbach eine Reihe von Rechenfehlern vor und kam zu dem Ergebnis, ÖPP sei für den Steuerzahler günstiger. (Deutscher Bundestag: ra)


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