Reform der Firmenumwandlung


Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie
Die Europäische Union will mit ihrer Richtlinie die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für EU-Kapitalgesellschaften erleichtern



Überwiegend positiv war das Urteil von Sachverständigen zur geplanten Reform des Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Fusionen, Aufspaltungen sowie Umwandlungen der Rechtsform von Unternehmen in einer Öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. Es ging dabei um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (20/3822), mit dem die EU-Richtlinie 2019 / 2121 zur Änderung der EU-Richtlinie 2017 / 1132 "in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen" von Unternehmen (Umwandlungsrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt werden soll.

Die Europäische Union will mit ihrer Richtlinie die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für EU-Kapitalgesellschaften erleichtern. Dazu wurden Regelungen zur grenzüberschreitenden Firmenfusion novelliert sowie erstmals Vorgaben für grenzüberschreitende Spaltungen sowie Umwandlungen der Rechtsform gemacht.

Als "insgesamt sehr gut gelungen" bewertete die Bayreuther Rechtswissenschaftlerin Jessica Schmidt den Gesetzentwurf und fand sich damit im Einklang mit den meisten geladenen Sachverständigen. Auch Schmidts Forderung, die im Entwurf nur für Kapitalgesellschaften vorgesehenen Regelungen auch auf Personengesellschaften auszuweiten, wurde von mehreren, aber nicht allen Experten geteilt.

Die Hamburger Rechtsanwältin Hilke Herchen, die dem Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins angehört, sieht beim Schutz der Anteilseigner sowie beim Gläubigerschutz noch "gewisse Defizite im Einzelnen", damit deren Interessen bei grenzüberschreitenden Fusionen, Spaltungen und Rechtsformänderungen nicht unter die Räder kommen. Auch andere Sachverständige sahen hier noch Verbesserungsbedarf.

Oliver Vossius vom Deutsche Notarverein stieß sich an dem aus der EU-Richtlinie übernommenen, in Deutschland aber ungebräuchlichen Begriff "Nettoaktivvermögen". "Keiner weiß, was das ist", berichtete er aus dem Kollegenkreis. Dieser Begriff müsse im deutschen Gesetz erläutert oder durch einen gebräuchlichen ersetzt werden, forderte Vossius.

Zentrales Thema der Anhörung war, ob der Gesetzentwurf ausreichenden Schutz gegen missbräuchliche Umwandlungen zum Zweck, die deutsche Arbeitnehmer-Mitbestimmung auszuhebeln, bietet. Der Reutlinger Rechtsanwalt Jonas Zäh berichtete hierzu aus der Praxis einer Kanzlei, die Arbeitnehmer bei der Umwandlung von Unternehmen in die europäische Rechtsform der SE vertritt. Diese Rechtsform werde oft gezielt zur Vermeidung der deutschen Mitbestimmung genutzt. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Missbrauchsprüfung durch das Registergericht vor einer Eintragung der Umwandlung sei eine Verbesserung gegenüber dem SE-Recht, aber nicht ausreichend, befand Zäh.

Nach Einschätzung von Rainald Thannisch vom Deutschen Gewerkschaftsbund wird der vorliegende Regierungsentwurf dem Anspruch des Koalitionsvertrags, Mitbestimmungsrechte zu sichern, "offenkundig nicht gerecht". Der Gestaltungsspielraum, den die EU-Richtlinie der nationalen Gesetzgebung lasse, werde nicht genutzt, stattdessen enthalte der deutsche Gesetzentwurf sogar "neue Werkzeuge zur Mitbestimmungsvermeidung".

Wie Zäh und Thannisch befand auch der Münchener Notar Hartmut Wicke, die Regelungen zum Schutz vor Missbrauch sollten nachgeschärft werden. Den Registergerichten sollten für die Missbrauchsprüfung konkrete Kriterien an die Hand gegeben werden. Diese sollten zwar nicht in den Gesetzestext, aber in die Gesetzesbegründung geschrieben werden. Gegen diesen Vorschlag wandte die Bayreuther Professorin Schmidt allerdings ein, dass jede Konkretisierung das Risiko berge, vor dem Europäischen Gerichtshof nicht zu bestehen.

Der Würzburger Rechts-Professor Christoph Teichmann bezweifelte, dass die Mitbestimmungsflucht im Rahmen der Umwandlungsrichtlinie ganz zu verhindern ist. Er erinnerte daran, dass diese Richtlinie ein Kompromiss zwischen EU-Parlament sowie Mitgliedsstaaten mit divergierenden Interessen sei. Um die Mitbestimmung wirksamer zu schützen, müsse der Gesetzgeber an anderer Stelle ansetzen.

Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände dagegen bewertete die vorliegenden Regelungen zum Missbrauchsschutz als ausreichend. Dass im Umwandlungsprozess eine Missbrauchsprüfung schon bei vier Fünftel der Personal-Schwellenwerte des deutschen Mitbestimmungsrechts erfolgen solle, sei sogar eine Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage. Lücken im Gesetzentwurf konstatierte Wolf dagegen beim Schutz von Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung.

Der Hamburger Jura-Professor Heribert Hirte, ein ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter, sah noch Änderungsbedarf bei den vorgesehenen Regelungen über Spruchverfahren. In diesen geht es um die gerichtliche Überprüfung von Ausgleichszahlungen für Anteilseigner bei Strukturveränderungen von Unternehmen. Unter anderem schlug Hirte die Einführung eines Mehrheitsvergleichs mit 90 Prozent der Anteilseigner vor, um Obstruktion durch eine kleine Minderheit zu verhindern. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 14.11.22
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