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Gegen die WTO-Regeln verstoßen


EU fordert Einsetzung eines WTO-Panels wegen diskriminierender Steuern Brasiliens
Die angefochtenen Steuermaßnahmen wettbewerbsunfähige brasilianische Hersteller vor dem internationalen Wettbewerb ab

(20.11.14) - Die Europäische Union ersuchte die Welthandelsorganisation (WTO) in Genf, in dem Streit über bestimmte diskriminierende Steuern Brasiliens zu entscheiden. Die EU ist der Ansicht, dass die Steuermaßnahmen Brasiliens den inländischen Herstellern einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen und gegen die WTO-Regeln verstoßen. Die EU bringt den Fall jetzt vor die WTO, weil sie wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen für brasilianische und europäische Unternehmen und Waren schaffen will.

Brasilien erhebt in mehreren Wirtschaftszweigen hohe inländische Abgaben, beispielsweise in der Automobilindustrie, in der Informationstechnik sowie für Maschinen, die von der Industrie und Gewerbetreibenden eingesetzt werden. Brasilianische Waren können jedoch im Gegensatz zu den eingeführten Waren in den Genuss selektiver Steuerbegünstigungen oder -ermäßigungen kommen. Folglich sind Waren, die in der EU hergestellt und in Brasilien verkauft werden, mit höheren Steuern belegt als brasilianische Waren. So kann etwa die Steuer auf Importfahrzeuge die Steuer auf Fahrzeuge aus brasilianischer Fertigung um 30 Prozent des Fahrzeugwertes übersteigen. Zählt man diese Steuer und die an der Grenze erhobenen Zölle und sonstigen Abgaben zusammen, so kann sich in einigen Fällen eine exzessive Abgabenlast von 80 Prozent auf den Einfuhrwert ergeben.

Brasilien beschränkt den Handel auch noch dadurch, dass brasilianische Hersteller verpflichtet sind, inländische Komponenten zu verwenden, wenn sie von den Steuervorteilen profitieren wollen. Da sich daraus ein Anreiz für ausländische Hersteller ergibt, sich in Brasilien niederzulassen und ihre Beschaffungen im Ausland zu beschränken, wird die Importsubstitution gefördert. Dies schadet den EU-Exporteuren von Fertigerzeugnissen und deren Komponenten.

Darüber hinaus schirmen die angefochtenen Steuermaßnahmen wettbewerbsunfähige brasilianische Hersteller vor dem internationalen Wettbewerb ab und reduzieren die Möglichkeiten der brasilianischen Verbraucher, hochwertige Erzeugnisse zu erschwinglichen Preisen zu erwerben. Beispielsweise ist ein Smartphone in Brasilien um 50 Prozent teurer als in der EU und den meisten anderen Ländern, obwohl die Hersteller von Waren der Informationstechnik (IT) in Brasilien von Steuerermäßigungen in der Größenordnung von 80 Prozent bis zur vollständigen Steuerbefreiung profitieren.

Auf Ersuchen der EU führten die EU und die brasilianischen Behörden zu Anfang des Jahres Konsultationen, um den Streit nach Möglichkeit beizulegen, jedoch ohne Erfolg. Vielmehr unternahm Brasilien anschließend weitere Schritte zur Ausweitung und Verlängerung einiger seiner diskriminierenden Steuervorschriften. Beträchtliche Steuererleichterungen für brasilianische IT-Waren und Maschinen wurden kürzlich bis 2029 verlängert, während die Einfuhren weiterhin voll besteuert werden.

Daher beantragt die EU bei der WTO die Einsetzung eines Sachverständigen-Panels, das über die Angelegenheit zum Wohle einer gerechten, dauerhaften und zufriedenstellenden Lösung entscheiden soll. Sie strebt die Beseitigung der Diskriminierung und der unrechtmäßigen Steueranreize an, ohne dabei die Steuerpolitik an sich oder entwicklungspolitische Maßnahmen der brasilianischen Seite in Frage zu stellen. Die EU ist nach wie vor bereit, einen konstruktiven Dialog mit den brasilianischen Behörden über die im Panel-Antrag aufgeworfenen Fragen zu führen. Um weitere Erörterungen über die Sonderfrage der Behandlung von Waren zu vermeiden, die in Manaus und anderen Freihandelszonen hergestellt werden, hat die EU außerdem entschieden, diese nicht zum Gegenstand der Rechtsstreitigkeit zu machen.

Hintergrund
Brasilien ist ein bedeutender Handelspartner der EU. Seit Mitte 2012 verzeichnet die EU einen Handelsüberschuss mit Brasilien, was sich auf den Rückgang der Weltmarktpreise für Rohstoffe zurückführen lässt, die Brasilien exportiert. Die Ausfuhren der EU nach Brasilien erreichten 2013 ihren Höchststand. In jüngster Zeit sind sie jedoch rückläufig, bedingt durch den Wirtschaftsabschwung in Brasilien, die Wechselkursverschlechterung des brasilianischen Real und die Zunahme restriktiver handelspolitischer Maßnahmen in Brasilien. Der Wert der Ausfuhren sank von 10,6 Mrd. EUR im zweiten Quartal 2013 auf 9,8 Mrd. Euro im selben Quartal 2014. Fahrzeuge, Maschinen und Geräte stellen den Großteil der Ausfuhren der EU nach Brasilien dar. Die diskriminierenden Steuern und sonstigen Hindernisse beeinträchtigen indessen die Handelsaussichten.

Der Antrag der EU auf Einsetzung eines WTO-Panels wird in der Sitzung des Streitbeilegungsgremiums der WTO (Dispute Settlement Body, DSB) am 18. November erörtert. Stimmt Brasilien der Einsetzung eines Panels in dieser Sitzung nicht zu, so kann die EU den Antrag auf der folgenden DSB-Sitzung erneut stellen, was Brasilien nach den WTO-Regeln nicht verhindern kann. In jeder Phase des Streitbeilegungsverfahrens können die Parteien beschließen, ihre Differenzen mit einer allseits zufriedenstellenden Lösung zu beseitigen.

Die EU beantragt die Einsetzung eines WTO-Panels unbeschadet ihrer Bemühungen um die Aushandlung eines Assoziierungsabkommens mit dem Mercosur (Mercado Común del Sur, Gemeinsamer Markt des Südens), dem auch Brasilien angehört.


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