Betrug und Korruption im Gesundheitswesen


Transparency kritisiert: Chance wurde verpasst, Licht in das Dunkel der Korruptionsdelikte im Gesundheitswesen zu bringen
3. Bericht der Bundesregierung über die "Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen" sei völlig unzureichend


(30.09.11) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland fordert die Bundesregierung auf, endlich systematisch über Schadensfälle, Ermittlungen und Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen zu berichten. Seit Jahren beklagt Transparency, dass in Deutschland keine fundierten Zahlen vorliegen, wie viele Fälle von Betrug, Missbrauch und Korruption im Gesundheitswesen bundesweit festgestellt, durch Strafzahlungen wieder gutgemacht oder strafrechtlich verfolgt werden. Niemand weiß, welcher Gesamtschaden den Versicherten und den Krankenkassen durch Betrug und Korruption in Deutschland entsteht.

Die Chance wurde verpasst, Licht in das Dunkel der Korruptionsdelikte im Gesundheitswesen zu bringen. Der sehr verspätet vorgelegte 3. Bericht über die "Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen" für die Jahre 2008/2009 (Drs.17(14)0137) wurde im Gesundheitsausschuss ohne Debatte am 25.05.2011 abgenickt.

Anke Martiny, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, kritisierte: "Der vorliegende Bericht ist noch schlechter als seine beiden Vorgänger. Skandalös ist vor allem, dass ohne irgendeine Erklärung die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überhaupt nicht vorkommen, sondern dass ausschließlich über die Krankenkassen berichtet wird. Hier ist zu vermuten, dass die Regierung die ablehnende Haltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dem Gesetz gegenüber schlichtweg akzeptiert."

Transparency fordert im Einzelnen:

1.
Eine Systematisierung der Berichte hinsichtlich des Ermittlungszeitraums, der Ermittlungskriterien, der Vorgehensweise zur Schadensregulierung sowie zur Schadensprävention.

2. Eine Aufschlüsselung des Gesamtberichtes, aus der sich ergibt, a) wie viele Kassen, KVen, KzVn Berichte abgeliefert haben, b) wie viele Hinweise auf doloses Verhalten und dessen Bereinigung in diesen Berichten enthalten waren, c) wie viele Strafanzeigen erstattet wurden, d) wie hoch die Schadenssummen im Einzelfall und in der Summe waren.

3. Eine Darstellung über die Anbindung und Ausgestaltung der "Stellen" mit einer Analyse über deren Erfolge, so dass sich Folgen ergeben für eine Verbesserung des Systems.

4. Eine Veröffentlichung der Berichte, so dass eine öffentliche Debatte möglich ist.

5. Eine Darstellung der Effizienz dieses Gesetzes im Vergleich zu internationalen Anstrengungen zur Verbesserung der Effizienz der Gesundheitssysteme, wie sie zum Beispiel das European Healthcare Fraud and Corruption Network erarbeitet.

Seit 2004 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die gesetzlichen Krankenkassen, die Pflegekassen sowie die kassenärztlichen/ kassenzahnärztlichen Vereinigungen im Zweijahresrhythmus über die Wirkung dieser "Stellen" an ihre Aufsichtsgremien berichten müssen, die diese Berichte dann ihrer Aufsichtsbehörde zuleiten. Das Bundesgesundheitsministerium stellt eine Zusammenfassung her, die dem Bundesgesundheitsausschuss zugeleitet wird.

Die Kassen bemühen sich seit 2005, Fehlverhalten aufzudecken und zu ahnden. Da die gesetzlichen Vorgaben und Definitionen aber höchst ungenau sind, wird eine einheitliche Berichterstattung unmöglich.
Bereits im Februar 2011 hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine oberflächliche Antwort auf ihre kenntnisreiche Kleine Anfrage (BT Drs. 17/4752) zu diesen Stellen erhalten.

Anke Martiny, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, sagte. "Die Bundesregierung hat zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen kein Konzept. Viel schlimmer ist aber, dass sie die Kompetenzen des Parlaments missachtet und die mühevoll ausgehandelten Gesetze weder erfüllt noch kontrolliert." (Transparency: ra)

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Datenschutz und Informationsfreiheit

    Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider ihren Tätigkeitsbericht vorgestellt. Dazu erklärt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung: "Das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist mit Blick auf die digitale Transformation und Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz eines der wichtigsten in Deutschland. Der vorgelegte Tätigkeitsbericht zeigt den eingeschlagenen und dringend notwendigen Perspektivwechsel der BfDI, die Datenschutz und verantwortungsvolle Datennutzung gleichermaßen in den Blick nimmt."

  • Bitkom zum "AI Continent Action Plan" der EU

    Die EU-Kommission hat den "AI Continent Action Plan" vorgestellt, mit dem Europa bei Künstlicher Intelligenz zu den aktuell führenden Nationen USA und China aufschließen will. Dazu erklärt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung: "Mit dem AI Continent Action Plan verschiebt die EU den Fokus von KI-Regulierung auf KI-Förderung - und dafür ist es höchste Zeit. Die europäischen Staaten können nur gemeinsam zu den führenden KI-Nationen USA und China aufschließen und die Grundlagen für eine wettbewerbsfähige, europäische KI schaffen. Eine KI aus Europa würde einen entscheidenden Beitrag zu Europas digitaler Souveränität leisten. Die aktuelle geopolitische Lage und die angespannten Handelsbeziehungen zu den USA machen dies notwendiger denn je."

  • Rückschlag im Kampf gegen Korruption

    Transparency Deutschland kritisiert den Koalitionsvertrag von Union und SPD als unzureichend im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung und -prävention sowie Transparenz. Keine der drei Kernforderungen, die die Antikorruptionsorganisation bereits im Wahlkampf an die künftige Bundesregierung formuliert hatte, wurde im Koalitionsvertrag berücksichtigt. In der nächsten Legislaturperiode bleiben damit gravierende Defizite bestehen - und der Handlungsbedarf verschärft sich.

  • Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie

    Die Europäische Kommission hat am 26.02.25 mit der Omnibus-Richtlinie ein neues Paket von Vorschlägen zur Vereinfachung der EU-Nachhaltigkeitsvorschriften und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit vorgelegt. Stefan Premer, Principal Sustainability Consultant - Global Lead Climate Strategy bei Sphera, Anbieterin von Lösungen für das Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen, erläutert unten seine Sicht zu diesen Vorschlägen.

  • Risiken frühzeitig zu kontrollieren

    Die Regulierung von KI ist ein zentrales politisches und wirtschaftliches Thema - doch während Europa auf Vorschriften setzt, treiben die USA und China die Umsetzung voran. Die EU versucht mit dem AI-Act, Risiken frühzeitig zu kontrollieren, doch der technologische Fortschritt lässt sich nicht per Gesetz erzwingen. Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen, indem sie Transparenz fördern und Vertrauen schaffen - nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch für wirtschaftliche Vorteile.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen