Interessenkonflikte sichtbarer machen


Europarat sieht Verbesserungsmöglichkeiten in der Korruptionsprävention in Deutschland
Vierter Evaluierungsbericht beleuchtet Abgeordnete, Richter und Staatsanwälte

(16.03.15) - Transparency International Deutschland erneuert ihren Aufruf, Maßnahmen zur Korruptionsprävention in den deutschen Institutionen weiter zu verstärken. Ein neuer Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates mahnt Verbesserungen vor allem hinsichtlich der Transparenz möglicher Interessenkonflikte bei Politikern und der Unabhängigkeit der Justiz an.

Die Empfehlungen im Hinblick auf Mitglieder des Bundestags umfassen transparentere Verfahren beim Umgang mit Lobbyisten und eine Ausweitung des Anwendungsbereich bestehender Offenlegungspflichten bei Interessenkonflikten und Nebeneinkünften verbunden mit wirksamen Kontrollmechanismen.

Marion Stein, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, erklärte: "Der GRECO-Bericht zeigt die weiter bestehenden Lücken für ein integeres politisches System auf. Es wird einmal mehr deutlich, dass Interessenkonflikte der Abgeordneten noch immer nicht ausreichend sichtbar gemacht werden. Es muss transparent werden, wer in welchem Stadium eines Gesetzgebungsverfahrens mit Abgeordneten spricht. Wir erinnern erneut an unsere seit Jahren bestehende Forderungen nach einem Lobbyistenregister und einem legislativen Fußabdruck."

Vertrauen in Justiz aufrechterhalten
Obwohl der Bericht das deutsche System weitgehend positiv beurteilt, weist der Bericht auf mögliche Interessenkonflikte durch Nebentätigkeiten auch bei Richtern hin.

Jürgen Marten, stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland, sagte: "Auch wenn uns kaum Fälle von mangelnder Integrität bei Richtern und Staatsanwälten bekannt sind, ist eine transparentere Kommunikation von Nebentätigkeiten ein gutes präventives Instrument."

Neben einem zunehmenden Ressourcenmangel bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ist darüber hinaus die Weisungsunabhängigkeit immer noch nicht gewährleistet. Hier lautet die Empfehlung des Berichts: "[D]ie Abschaffung des Rechts der Justizminister, im Einzelfall externe Weisungen zu erteilen, in Erwägung zu ziehen, und, falls dieses Recht nicht abgeschafft wird, weitere angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass entsprechende Weisungen der Justizminister mit angemessenen Garantien der Transparenz und Fairness verknüpft sind und – im Falle von Weisungen, auf eine Strafverfolgung zu verzichten – einer spezifischen Kontrolle unterliegen."

Tatenlosigkeit bei der Parteienfinanzierung
Außerdem bemängelt GRECO seit Jahren, dass Empfehlungen in Sachen Parteienfinanzierung unzureichend umgesetzt werden (GRECO-Runde 3). Nicht umgesetzt bleibt beispielsweise die Empfehlung, die Unabhängigkeit der externen Prüfung der Rechenschaftsberichte der Parteien zu stärken.

Marion Stein sagte: "Die Einrichtung einer Parteienfinanzierungskommission ist dringend geboten. Der Bundespräsident ist daher aufgefordert, eine solche Kommission zu berufen. Dies täte nicht nur dem internationalen Ansehen Deutschlands gut, sondern stärkt die Integrität unseres politischen Systems."

Zum Hintergrund
Deutschland ist seit 1999 Mitglied der vom Europarat gegründeten Staatengruppe gegen Korruption, deren Ziel die Verbesserung der Korruptionsbekämpfung in den 49 Mitgliedstaaten von GRECO ist. Im Rahmen von Evaluationsberichten werden die Mitgliedstaaten seit dem Jahr 2000 regelmäßig auf Versäumnisse hingewiesen. Deutschland ist angehalten, GRECO bis zum April 2016 über die eingeleiteten Maßnahmen hinsichtlich der Empfehlungen zu berichten.
(Transparency: ra)

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