Bußgeldtatbestände im Kreditwesengesetz


Finanzmarktregulierungsgesetz: Banken und Börsen warnen vor zu starker Derivate-Regulierung
Finanzmarkt-Compliance: Deutsche Sparkassen und Giroverband klagt über hohe operative Anforderungen, zum Beispiel durch Umstellung auf elektronische Bestätigungssysteme


(14.12.12) – Die Börsen und Banken haben Änderungen an einem von der Bundesregierung vorgelegten Finanzmarktregulierungsgesetz verlangt. So warnte die Frankfurter Deutsche Börse Group in einer Anhörung des Finanzausschuss vor "unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiken", falls bestimmte Vorschriften aus dem deutschen Insolvenzrecht in den zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf eingefügt würden.

In der Anhörung ging es um Regeln zur Einhaltung der Vorgaben einer in Deutschland unmittelbar geltenden EU-Verordnung zur Finanzmarktregulierung. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (17/11289) eingebracht. Mit diesem nach dem englischen Begriff "European Market Infrastructure Regulation" auch als EMIR-Ausführungsgesetz bezeichneten Vorhaben werden die für die Umsetzung der EU-Vorgaben zuständigen Behörden, darunter die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benannt. Außerdem werden Bußgeldtatbestände im Kreditwesengesetz erweitert.

Die Abkürzung OTC steht für den Begriff "over the counter" (über den Schalter). Darunter sind Termingeschäfte zu verstehen, die von zwei Geschäftspartnern ohne Einschaltung einer Börse abgewickelt werden.

Nach Angaben der Bundesregierung sieht die EU-Verordnung vor, dass bestimmte Derivategeschäfte außerhalb von Börsen künftig nicht mehr direkt zwischen den Geschäftspartnern abgewickelt werden dürfen, sondern über zentrale Clearing-Stellen geleitet und in Transaktionsregistern dokumentiert werden müssen. Damit werde es der Finanzaufsicht erleichtert, einen besseren Überblick über die Marktaktivitäten und Risikopositionen zu erlangen und in diesen bisher weitgehend unregulierten Bereich einzugreifen. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass intransparente, frei abgeschlossene Derivategeschäfte zu großem Misstrauen zwischen den Banken geführt und die Funktionsfähigkeit der Märkte beeinträchtigt hätten.

Die BaFin begrüßte in der Anhörung den Entwurf grundsätzlich. Die Kritik der Sachverständigen richtete sich auf einen Nachteilsausgleich, den es bei der Übertragung von Kundensicherheiten und Positionen von Kunden insolvent gewordener Clearingmitglieder auf eine andere Clearingstelle geben soll. Mit der Übertragung sollen eigentlich Kunden geschützt und andernfalls drohende Kursschwankungen und Dominoeffekte vermieden werden.

Der Nachteilsausgleich für den Insolvenzverwalter zu Lasten der zentralen Gegenparteien werde aber die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Einrichtungen benachteiligen, kritisierte zum Beispiel die Strombörse EEX.

Auch das Deutsche Aktieninstitut bezeichnete in seiner Stellungnahme den Nachteilsausgleich als kontraproduktiv. Dem eigentlichen Ziel, vermehrt Derivate über zentrale Gegenparteien abzuwickeln, würde ein "Bärendienst" erwiesen. Da der Nachteilsausgleich auch nicht in dem europäischen Regelwerk enthalten sei, widerspreche dieser Teil des nationalen Gesetzes dem Geist des EU-Regelwerks. Auch die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, warnte davor, dem Insolvenzverwalter eines ausgefallenen Mitglieds die Möglichkeit nachträglicher Ersatzansprüche einzuräumen.

Der deutsche Fondsverband BVI stellte zum Gesetzentwurf insgesamt fest, er schaffe "Transparenz und stellt einen weiteren Schritt zur Sicherung der Finanzmarktstabilität dar". Dagegen klagte der Deutsche Sparkassen und Giroverband über hohe operative Anforderungen, zum Beispiel durch Umstellung auf elektronische Bestätigungssysteme. Für kleine Institute könne der Derivatehandel "unverhältnismäßig sein mit der Konsequenz, dass sich diese Akteure aus dem Markt zurückziehen und die dort bereits vorherrschende Konzentration auf wenige große Parteien weiter erhöht wird". Das könne zu höheren systemischen Risiken führen, warnte der Sparkassenverband.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sah größere Risiken durch die Bildung größerer Einheiten am Derivate-Markt.

Markus Henn vom Verein Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (weed) vertrat die Auffassung, dass mit der Regulierung neue Risiken geschaffen würden. Wenn eine der zentralen Clearing-Stellen eines Tages ausfallen sollte, könnte dies die heutigen Probleme mit Banken gering erscheinen lassen. Henn forderte: "Bundesregierung und Bundestag sollten deshalb grundsätzlich prüfen, ob die Nutzung von (OTC-)Derivaten nicht insgesamt eingeschränkt werden muss." Im Rohstoffbereich gebe es überhaupt keine Klarheit über die Relevanz von OTC-Geschäften. Transparenz wäre "die erste Voraussetzung, um den Markt überhaupt überblicken und dann auch angemessen regulieren zu können". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen