Der deutsche Staat als Hehler?


Datendiebstahl, Datenkauf, Verteidigungsfall, Hehlerei, Whistleblower - oder einfach nur ein politisches Versäumnis?
BDK Bayern: Anbieter der Daten-CD sei ein "Whistleblower"


Uwe Dolata zum Thema "Datendiebstahl":
Uwe Dolata zum Thema "Datendiebstahl": "Politik ist aufgefordert, eindeutig zu klären, wie mit derartigen Fällen zu verfahren ist", Bild: Uwe Dolata

Von Uwe Dolata

(05.02.10) - Eine ungewöhnliche Koalition meldet sich zu Worte. Aus der Schweiz formiert sich ein vielstimmiger Aufschrei der einhelligen Empörung. Das ist das Land, welches immer noch den Rahmen dafür zur Verfügung stellt, dass Anleger aus anderen Ländern, ihr steuerpflichtiges Kapital bei Schweizer Banken verstecken können.

Einer der Wortführer ist dabei der dortige Verteidigungsminister Ueli Maurer. Hoffentlich kein Indiz dafür, dass der mögliche Ankauf von Daten durch Deutschland als Verteidigungsfall gesehen werden könnte. Ganz bestimmt aber der Ausdruck davon, dass in der Schweiz die Nerven blank liegen. Er und seine Kabinettskolleginnen und Kollegen bekommt Schützenhilfe vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Der sieht im Ankauf der Daten-CD den deutschen Staat in der Rolle eines Hehlers. Diese Schützenhilfe wird die Schweiz freuen, allein steht sie auf tönernen Füßen.

Daten sind keine Sache. Wenn diese keine Sache sind, dann kann man sie auch nicht stehlen.

Datendiebstahl wäre somit der falsche Begriff. Der Ankauf verstößt aber gegen § 19 (2) des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Bankdaten gelten als Betriebsgeheimnisse und sind als solche durch diese Norm geschützt. Hat der Gesetzgeber das wirklich so gemeint? Wäre es nicht wahrscheinlicher, dass mit dem Betriebsgeheimnissen legale Werte gemeint sind und nicht Daten, die aus kriminellen Handlungen oder durch diese entstanden sind?

Ebenso lohnt sich der Blick auf den Aspekt des Datenschutzes, der seitens des Bundesdatenschutzbeauftragten vehement angebracht wird.
>> Muss der Staat, der durch eine Vortat geschädigt wurde, die daraus entstandenen inkriminierten Daten vor sich (Zugriff des Staates) selber schützen und somit den Aufklärungs- und Strafanspruch hinten anstellen?
>> Hat das der Gesetzgeber mit der Schaffung des wichtigen Instituts des Datenschutzes gemeint?

Der Informationsanbieter erwartet eine finanzielle Gegenleistung. Derzeit ist nicht bekannt, ob und wie er sich die Daten angeeignet hat. Es spricht jedoch vieles dafür, dass er ähnlich, wie bei der Wirtschaftsspionage, Kopien vom Material hergestellt hat. Wahrscheinlich ist, dass er mit dieser Handlungsweise im Bankensektor keine echte Karrierechance mehr hat. Ob er aus kriminellem Antrieb oder aus ethischen Gründen diese Handlung unternommen hat, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Dass er seinen weiteren Lebensweg finanziell absichern will, ist nachvollziehbar. Ohne diesen Whistleblower hätten wir die Diskussion nicht und Hunderte von abgeschlossenen Steuerhinterziehungen blieben unentdeckt.

Im Klartext: Sind die Steuerbehörden erst einmal umgangen, hat der einzelne Täter im Normalfall nichts zu befürchten.

Niemand käme auf die Idee, eine ähnliche Diskussion anzuzetteln, wenn in einer vergleichbaren Situation die Datenbank der Cosa Nostra oder die der Al Quaida angeboten werden würde.

Niemand hätte Verständnis dafür, wenn Steuerfahndung und Kriminalpolizei, insbesondere nach dem ähnlich gelagerten Fall des Datenkaufes aus Liechtenstein, aus dem Hunderte von Verfahren eingeleitet und zum Teil schon abgeschlossen wurden, durch Nichtsicherung des Beweismittels Daten-CD, die Möglichkeit der Aufklärung von Steuerhinterziehung im großen Stil verwehrt wird.

Jedem einzelnen Betroffenen steht dabei der Rechtsweg offen, er hat sogar noch die Chance, sich vorher zu offenbaren. Die Ermittlungsbehörden sollten dabei dringend die Rolle der betroffenen Bank beleuchten. Die Politik ist aufgefordert, eindeutig zu klären, wie mit derartigen Fällen zu verfahren ist. Das hätte vor zwei Jahren bereits erfolgen müssen, da nach der Fallkonstellation davon ausgegangen werden musste, dass analoge Fälle wieder auftreten. Weder Steuerfahnder noch Kriminalpolizei haben es verdient, in einer so offen gelassenen Grauzone agieren zu müssen. (Uwe Dolata, Pressesprecher im Bund Deutscher Kriminalbeamter, BDK Bayern: ra)

Lesen Sie auch:
Kauf illegal erworbener Steuerdaten beschlossen
Umfrage zum Thema "Daten-Kauf"
Steuerdaten-CD-Kauf und Grundgesetz


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • NIS-2-Richtlinien treten bald in Kraft

    Die NIS-2-Richtlinien treten in wenigen Monaten in Kraft und sind derzeit in aller Munde. Die zahlreichen Vorträge und Veranstaltungen zu diesem Thema unterstreichen nicht nur dessen Bedeutung, sondern zeigen auf, dass es noch viel Informationsbedarf bei Verantwortlichen und Entscheidern gibt.

  • Bitkom zum Inkrafttreten des AI Acts

    Nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt am 12. Juli trat am 1. August 2024 der AI Act in Kraft. Bereits in einem halben Jahr müssen Unternehmen erste Regeln befolgen. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst: "Nach langem Kräfteringen gibt es mit dem AI Act nun zwar einen EU-weiten Regulierungsrahmen für Künstliche Intelligenz, mit dem Inkrafttreten sind aber sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene noch viele Fragen ungeklärt. Ob Deutschland und Europa zu Innovationsstandorten für Künstliche Intelligenz oder zu Nachzüglern werden, hängt entscheidend von der weiteren Ausgestaltung und Umsetzung des AI Acts ab."

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Referentenentwurf zum Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) enthält unter anderem Weichenstellungen für die künftige Ausgestaltung der bisherigen gematik GmbH. Die Weiterentwicklung ist für die Digitalisierung des Gesundheitswesens notwendig. Allerdings geht der Gesetzentwurf an vielen Stellen zu weit und greift teilweise tief in den freien Wettbewerb ein.

  • Noch wichtige Details müssen angepasst werden

    Die NIS2-Richtlinie der EU soll angesichts einer zunehmenden Bedrohung durch Cyberattacken die Cybersicherheit der europäischen Wirtschaft stärken und auf ein einheitlich hohes Niveau bringen. Das Bundeskabinett hat die notwendige deutsche Umsetzung - das NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz - beschlossen.

  • Bitkom zum TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz

    Das Bundeskabinett hat Entwurf für das TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz verabschiedet. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst: "Nach monatelanger Verzögerung hat das Bundeskabinett … einen Entwurf für das TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz verabschiedet, das trotz richtiger Ansätze hinter den Erwartungen und selbstgesteckten Zielen zurückbleibt. Wir begrüßen, dass nach langen Diskussionen, ob dem Ausbau von Telekommunikationsnetzen ein 'überragendes öffentliches Interesse' wie etwa auch den erneuerbaren Energien bescheinigt werden soll, sich dieses nun im Gesetzentwurf wiederfindet."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen