Steuerdaten-CD-Kauf und Grundgesetz


Piratenpartei gegen den Kauf der Steuerdaten-CD: Es gebe keinen "guten" oder "schlechten" Rechtsbruch
Datenschutz könne man nicht nur dann als Grundrecht zugestehen, wenn dadurch keine fiskalen Nachteile entstehen


Bernd Schlömer:
Bernd Schlömer: Ankauf von Daten lenkt von der eigentlichen Kernproblematik ab, Bild: Nils Ketelsen, Piratenpartei

(08.02.10) - Aktuell wird in der Regierung darüber diskutiert, eine CD mit persönlichen Kontodaten gegen Geld zu erwerben, die möglicherweise Hinweise auf Steuerhinterziehungen in Millionenhöhe offenlegt. Mittlerweile haben sich sowohl die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel als auch der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble für den Erwerb der Daten ausgesprochen.

Die Piratenpartei lehnt den Ankauf dieser Daten ab. Es sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, mit nicht rechtstaatlichen Mitteln mutmaßliche Straftäter zu verfolgen. Ein Staat, der sich nicht an seine eigenen Gesetze gebunden fühlt, verliere seine Glaubwürdigkeit.

Die Piratenpartei mache sich diese Aussage nicht leicht, denn sie erkenne das Recht des Staates auf Steuereinnahmen an und empfinde die Nicht-Verfolgung von Steuerhinterziehern als eine sehr beklagenswerte Gerechtigkeitslücke, die den ehrlichen Steuerzahler wesentlich benachteilige. Eine Befürwortung des Ankaufes von Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig erlangt wurden, sende aber ein grundlegend falsches Signal. Es gebe keinen "guten" oder "schlechten" Rechtsbruch und Datenschutz könne man nicht nur dann als Grundrecht zugestehen, wenn dadurch keine fiskalen Nachteile entstehen. Es könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass auch gegenüber Unschuldigen Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.

Rechtsbruch – auch und insbesondere durch den Staat – sei immer abzulehnen.

Die großen Einnahmeausfälle durch Steuerhinterziehung dürften nach Meinung der Piratenpartei nicht dadurch bekämpft werden, dass man durch Belohnungen zum Diebstahl von Daten animiere. Das Geld für die Beschaffung dieser CD wäre besser in der dringend notwendigen Reform des Steuerrechts angelegt. Auch müsse die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden bei der Kontrolle von Vermögen im jeweiligen Land verbessert werden. So könnte sich die Bundesrepublik Deutschland auch davor schützen, dass sie in Zukunft wieder in eine derartige moralische Zwickmühle gerate.

Bernd Schlömer, Bundesschatzmeister der Piratenpartei, sagt dazu:
"Die derzeit in der breiten Öffentlichkeit geführte Debatte über die Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Daten lenkt von der eigentlichen Kernproblematik ab: Einem einfachen, transparenten und vor allen Dingen fairen Steuersystem, welches nicht von Interessengruppierungen beeinflusst wird. Hier bieten die Verlautbarungen und das Verhalten der Regierungsparteien weiterhin keinerlei Hoffnung auf echte Systemänderung."

Unser Staat könne nicht zunächst den sogenannten "Hackerparagraphen" §202a StGB (Ausspähen von Daten) erlassen, dann aber Verletzer dieses Paragraphen mit Millionensummen belohnen.

Die Piratenpartei ist außerdem der Meinung, dass die deutsche Praxis abzustellen ist, unrechtmäßig erlangte Beweise in gerichtlichen Verfahren zu verwenden. Für widerrechtlich erlangte Beweismittel sei ein Beweisverwertungsverbot gesetzlich zu verankern. (Piratenpartei: ra)

Lesen Sie auch:
Kauf illegal erworbener Steuerdaten beschlossen
Der deutsche Staat als Hehler?
Umfrage zum Thema "Daten-Kauf"


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • eco zum KRITIS-Dachgesetz

    Mit dem derzeit in der Ressortabstimmung befindlichen KRITIS-Dachgesetz will das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) die Resilienz kritischer Infrastrukturen stärken.

  • Bitkom zum Inkrafttreten des Digital Services Act

    Am 25. August 2023 trat der Digital Services Act in der EU in Kraft. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Desinformation und Fake-News sind eine Gefahr für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

  • Massiver Eingriff in die Privatsphäre

    Nachdem der Europäische Gerichtshof mit seinem lang ersehnten Urteil am 22. September vergangenen Jahres entschieden hat, dass die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar sind, hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung getroffen.

  • AGG mit etlichen Regelungslücken

    Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) angekündigt. Das zuständige Bundesjustizministerium hat bisher weder einen Gesetzentwurf noch ein Eckpunktepapier vorgelegt.

  • Transfer personenbezogener Daten

    Das jüngst beschlossene Abkommen zwischen den USA und der EU ist bereits der dritte Versuch, einen sicheren Transfer personenbezogener Daten von Europa nach Amerika sicherzustellen. Holger Dyroff, Co-Founder und COO von ownCloud, sieht auch in dem neuen Regulierungsversuch keine zufriedenstellende Lösung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen