TK-Überwachung durch deutsche Nachrichtendienste


Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium: Telekommunikationsüberwachung durch deutsche Nachrichtendienste
"Mehrere" sogenannte G10-Maßnahmen wurden in Einzelfällen sowie eine vom Bundesnachrichtendienst beantragt und genehmigt


(30.01.09) - Die Telekommunikationsüberwachung durch deutsche Nachrichtendienste im Jahr 2007 ist Thema einer Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) (16/11559). Danach wurden 2007 vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) "mehrere" sogenannte G10-Maßnahmen in Einzelfällen sowie eine vom Bundesnachrichtendienst beantragt und genehmigt.

Insgesamt habe dabei die Zahl zwischen 59 Einzelmaßnahmen im ersten Halbjahr und 53 Einzelmaßnahmen in der zweiten Jahreshälfte geschwankt. Die Zahl der Hauptbetroffenen habe sich zwischen 376 in den ersten sechs Monaten und 352 in den zweiten sechs Monaten bewegt. Die Zahl der "Nebenbetroffenen" habe zwischen 274 in der ersten Jahreshälfte und 285 im zweiten Halbjahr variiert.

Die Anordnungen betrafen rechts- und linksextremistische Bestrebungen ebenso wie sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern sowie Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten, wie es in der Unterrichtung weiter heißt. Der Schwerpunkt habe aber wie in den vorangegangenen Jahren bei Anordnungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus gelegen.

Dabei sei der Umfang der entsprechenden Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses nach dem G10-Gesetz durch die Nachrichtendienste im Vergleich zu den Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen im Bereich der Strafverfahren durch Polizeibehörden "weiterhin eher gering".

Von diesen "Beschränkungen in Einzelfällen" unterscheidet das G10-Gesetz "strategische Beschränkungen". Dabei werden der Vorlage zufolge nicht die Post- und Fernmeldeverkehrsbeziehungen einer bestimmten Person, sondern Telekommunikationsbeziehungen - soweit sie gebündelt übertragen werden - nach Maßgabe einer Quote insgesamt kontrolliert. Laut Bericht hat das Bundesinnenministerium 2007 mit Zustimmung der so genannten G10-Kommission entsprechende Überwachungsmaßnahmen zu verschiedenen Gefahrenbereichen angeordnet.

Im Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" betraf dies 2007 demnach gut 2,9 Millionen Telekommunikationsverkehre, wobei ein etwa 90-prozentiger Spam-Anteil zu berücksichtigen sei. Im Ergebnis seien vier Telekommunikationsverkehre als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden.

Im Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" waren 2007 laut Bericht mehr als 2,3 Millionen Telekommunikationsverkehre betroffen, wiederum mit einem Spam-Anteil von cirka 90 Prozent. Dabei wurden 370 Telekommunikationsverkehre als nachrichtendienstlich relevant eingestuft. Im Gefahrenbereich des "unbefugten Verbringens von Betäubungsmitteln in Fällen von erheblicher Bedeutung" waren im selben Jahr 83 Telekommunikationsverkehre betroffen, von denen keiner als nachrichtendienstlich relevant angesehen wurde, wie es in der Unterrichtung weiter heißt.

Ferner seien 2007 zwei G10-Überwachungsmaßnahmen wegen "Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland" angeordnet worden. (Deutscher Bundestag: ra)

Artverwandte Themen
In der Kritik: BND bespitzelte Journalisten

Lesen Sie auch:
Online-Durchsuchung - Das Urteil im Wortlaut: siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20080227_1bvr037007.html

Mehr zum Online-Durchsuchungsurteil aus Karlsruhe:
Online-Razzia: Behörden säen Klima der Angst
Justizministerin Merk riskiert Verfassungsbruch
Heimliche Online-Durchsuchungen durchführbar?
BVerfG kippt NRW-Gesetz zur Online-Durchsuchung
BVerfG-Urteil: Hohe Hürde für Online-Durchsuchung
Online-Durchsuchung in engen Grenzen möglich
Schäuble schürt bewusst ein Klima der Angst

Lesen Sie auch:
Online-Durchsuchung stark umstritten
Online-Durchsuchung: Mit dem Keylogger zum Ziel
LHG-BW-Veranstaltung: Online-Durchsuchung
Online-Durchsuchung ist erfolgreiches Hacking
Schutz sensibler persönlicher Daten
Datenschutz und Online-Durchsuchungen
Online-Durchsuchungen im BKA-Gesetz
Anti-Terror contra Datenschutz
Bundestrojaner schadet Made in Germany
Verdeckte Online-Durchsuchung rechtswidrig

Lesen Sie auch zumThema Telekommunikationsüberwachung:
Überwachung der Telekommunikation
Quellen-Telekommunikationsüberwachung
Handy als tragbare "Wanze"
Schäubles Visionen Gegenstand im Innenausschuss
USA spioniert Mailverkehr aus

Lesen Sie mehr zum Thema Vorratsdatenspeicherung:
Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung: Eilantrag erfolglos
Vorratsdatenspeicherung: Eilantrag hatte Erfolg
Vorratsdatenspeicherung bleibt zulässig
Eilantrag gegen Vorratsdatenspeicherung
Abkehr von ausufernder Präventionspolitik
Vorratsdatenspeicherung auf eigene Kosten?
DAFTA: Vorratsspeicherung und der Online-Zugriff
Vorratsdatenspeicherung nicht verfassungskonform
Verschlüsselung und Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung und Bundesrat
Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung
Einführung der Vorratsdatenspeicherung
Verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen