Kostenfallen im Internet bekämpfen


Rechtsausschuss: Experten befürworten unisono Verbesserung des Verbraucherschutzes im Internet
Gesetzesvorlage sei zur Umsetzung geeignet und es bestehe "dringender Handlungsbedarf"


(16.02.12) - Der Verbraucherschutz vor Kostenfallen im Internet soll verbessert werden. Dafür sprachen sich alle acht Experten in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zu diesem Thema am Montagmittag aus. Anlass war der "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr" (17/7745) der Bundesregierung. Das Gesetz soll Verbraucher besser vor Kostenfallen im Internet schützen. Demnach sollen bei Online-Bestellungen die Unternehmen ihre Kunden unmittelbar vor Absenden der Bestellung über den Gesamtpreis der Bestellung, d.h. der Ware oder der Dienstleistung, informieren.

Ein verbindlicher Kaufvertrag solle nur dann zustande kommen, wenn der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet, heißt es seitens der Regierung. Sofern die Bestellung über eine Schaltfläche auf der Internetseite erfolgt, müsse die Beschriftung der Schaltfläche unmissverständlich auf die Zahlungspflicht hinweisen.

Felix Braun, Rechtsassessor aus Kehl, vertrat die Ansicht, der Gesetzentwurf trage dem Erfordernis, "dem Problem der Kostenfallen im Internet wirksam Einhalt zu gebieten, weitgehend effektiv Rechnung". Angesichts "der Dringlichkeit und des Ausmaßes des Problems" sei eine zeitnahe gesetzgeberische Lösung "ohne weiteres Abwarten sinnvoll und erstrebenswert".

Die Trusted Shops GmbH, vertreten durch Dr. Carsten Föhlisch, befürwortete ebenfalls den Gesetzentwurf. Allerdings führte Föhlisch zu einzelnen Details und deren Umsetzung, etwa die Gestaltung von Schaltflächen, Alternativvorschläge an. Darüber hinaus sprach er sich für eine längere Übergangsfrist aus, "weil viele Unternehmer die Änderungen nicht selbst vornehmen können, sondern auf Programmierarbeiten Dritter angewiesen sind."

"Rechtsdogmatische Bedenken gibt es unserer Ansicht nach nicht", erklärte Jens Gnisa, Vizepräsident des Landgerichts Paderborn und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes (DRB). Die Vorlage sei zur Umsetzung geeignet und es bestehe "dringender Handlungsbedarf".

Für die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv), Berlin, sprach Jutta Gurkmann. Auch sie betonte die Dringlichkeit einer Gesetzesänderung. "Die Verbraucherfallen sind nach wie vor ein Riesenärgernis", das alle gesellschaftlichen Schichten und alle Altersklassen betreffe. "Die Verbraucher sind unsicher, tappen in Abofallen und zahlen dann die vermeintlichen Schulden", führte sie beispielhaft aus. Deshalb forderte Gurkmann eine Optimierung der Oberflächen in Onlinshops zu Gunsten des Verbrauchers, der wissen müsse, ob er "einen Vertrag geschlossen hat oder nicht."

Dr. Peter J. Schröder vom Handelsverband Deutschland (HDE) Der Einzelhandel e.V., Berlin, betonte, dass auch der Handel geschützt werden müssen. "Dem wird im neuen Gesetzentwurf Rechnung getragen", erklärte er, so dass auch sein Verband den Gesetzentwurf befürworte.

Auf die Problematik, dass das EU-Recht dem nationalen Gesetzgeber nur einen "sehr kleinen Spielraum" gebe, verwies Professor Dr. Hans Schulte-Nölke, Direktor am European Legal Studies Institute der Universität Osnabrück. Deshalb müsse an den Details noch gefeilt werden. "Insgesamt halte ich das Gesetz für sehr unterstützenswert", sagte er abschließend.

"Ich schließe mich allen Vorrednern an", sagte Professor Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht der FH Köln, und begrüßte, dass der Bundestag sich diesem Thema widmet. Er regte an, die Bezeichnung "Kasse" verpflichtend online zu benutzen, um Bezahlvorgänge zu kennzeichnen. Denn diesen Begriff kenne jeder Verbraucher.

Abschließend sprach Helga Zander-Hayat, Leiterin der Gruppe Verbraucherrecht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie stelle noch einmal heraus, wie groß die vorherrschende Problematik sei. "Bei uns heißt das Internetabzocke", sagte sie und "allein in Nordrhein-Westfalen haben sich schon hunderttausende betroffene Verbraucher bei Verbraucherzentralen gemeldet." (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen